30. Mai 2016

Von der Ebene in die Hochpyrenäen

Treffen mit Michel Giron in Heches
Heute treffen wir uns mit Michel Giron, einem Architekten aus Sarrancolin, der dabei ist, eine Regionalgruppe der MPF (Maisons Paysannes de France) aufzubauen. Michel und seine Mitstreiter haben ein umfangreiches Besuchsprogramm vorbereitet, das uns von der Ebene von Lannemezan ins Gebirge, in die Hochpyrenäen, führt. Dabei lernen wir einige abgelegene Dörfer in den Tälern der Neste, der Aure und des Louron kennen.
Unser erster Treffpunkt ist das Dorf Heches in der den Pyrenäen vorgelagerten Ebene. Der Ort ist bekannt für seine Marmorvorkommen - im 17. Jahrhundert wurde von hier Marmorstein nach Versailles geliefert. Torbögen und Türgewände aus Marmor prägen das Ortsbild, das vorwiegend aus Steinbauten des 18. und 19. Jahrhunderts besteht.




Hauseingänge mit Marmorgewänden in Heches, dieser ist 1828 datiert...
Dieser Schlussstein zeigt das "Keulenwinkelkreuz", das Zeichen des Baskenlandes.
Vor allem im spanischen Baskenland wird es uns noch häufig begegnen.
Auch das Herz escheint häufig auf Schlusssteinen von Hauseingängen...
...hier ein älteres Beispiel von 1781.

Anschließend fahren wir höher hinauf in die Pyrenäen. Über zahlreiche Serpentinen gelangen wir in das Bergdorf Grailhem, wo wir die Wirtschaftsgebäude einer Bruchstein-Hofanlage des 19. Jahrhunderts besichtigen können. Das zugehörige Wohnhaus stammt von 1850.

Blick in den Kuhstall. Die Kühe stehen mit den Köpfen
zur Wand, im Boden gibt es tiefe Jaucherinnen.
Vom Obergeschoss der Scheune bietet sich ein weiter Blick ins Tal.
Das niedrige Gebäude im Vordergrund ist der Schweinestall des Hofes.
Manche Bergdörfer kleben wie Schwalbennester an den Berghängen.
Bei Nabias im Val de Louron besichtigen wir ein hoch am Berghang gelegenes "Scheunenviertel" (Granges), eine Gruppe von Stallscheunen und Hirtenhäusern. Hier wurden die Kuhherden im Winter untergebracht, um sie nicht bis ins Dorf zurücktreiben zu müssen. Das Ganze ist eine besondere Form von "Almwirtschaft", wie sie für die Pyrenäen typisch ist.


Das älteste Stallgebäude stammt aus dem 16. Jahrhundert. Im Vorbau rechts wohnte der Hirte, ein weiteres (jüngeres) Hirtenhaus ist rechts zu sehen.
Über dem Stall gibt es einen großen Heuboden.
Im Vorbau befindet sich die Hirtenwohnung - ein Schlafplatz mit einer offenen Feuerstelle und einem Rauchloch im Giebel.
Im Hintergrund ist eine Kuhherde zu sehen, mit bimmelnden Glocken...
Blick in den Kuhstall mti Heuraufen
Herdstelle im jüngeren Hirtenhaus. Darüber hängen hölzerne "Halsbänder" für Kühe.
Zugang zum Dachboden am Rückgiebel des alten Stallgebäudes.
Die Gewändesteine muten zyklopisch an....
Ein weiteres Stall-Scheuengebäude mit hochgelegenem Tor zum Heuboden.
Von den Scheunen bietet sich ein spektakulärer Blick in die wolkenverhangenen Pyrenäen.
"Familienfoto" mit den französischen Freunden,
vor der Scheune aus dem 16. Jahrhundert.
Im Bergdorf Germ bekommen wir ein deftigen Mittagsmenü - in einem umgebauten Bauernhof, der als Übernachtungsquartier für Gruppen genutzt wird und interessante kulturelle Angebote hat.
Ein verfallener Backofen am Nachbarhaus
Wieder zurück im Tal besuchen wir das Städtchen
Sarrancolin mit einigen interessanten Fachwerkbauten.

Hier der Bericht der Zeitung über unseren Besuch in diesem Städtchen.
Die Kielbögen ("Eselsrücken") auf der Stockwerkschwelle
zwischen den Balkenköpfen deuten auf eine Bauzeit im 16. Jahrhundert.
Besuch auf einer Sanierungsbaustelle. Das Steingebäude mit Fachwerkoberstock
hat an der Rückseite einen steinernen Wendeltreppenturm.
Ein restauriertes Fachwerkhaus von 1611.
Das Kreuzstockfenster im Obergeschoss wurde rekonstruiert.
Jahreszahl 1611 auf der Stockwerkschwelle.
Durch den Ort fließt ein breiter Fluss, der zurzeit viel
Wasser führt und die Fundamente der Häuser umspült.
Ein anderer Fachwerkbau...
... mit der Datierung "1563" am steinernen Unterbau.
Fenstergewände an einem anderen Gebäude - mit Datierung 1595.
Wir fahren weiter zu einer Wassermühle im Dorf Mauvezin, die von Vater und Sohn gemeinsam betrieben wird. Sie produziert Mehl von Korn aus biologischem Anbau. Das Mühlrad ist, wie in den Pyrenäen häufig, ein horizontales Rad mit einer senkrechten Achse und befindet sich in dem Gewölbe unter der Mühle.
Der Rüttelschuh - als symbolisches Pferd? ausgebildet (Le Cheval) …
Die technische Einrichtung der Mühle mit hölzernen Mahlgängen und moderneren Transmissionen und gusseisernem Getriebe ist vollständig erhalten und in Funktion.


Blick in den Hof der Mühle.
Abends besuchen wir die ehemalige Zisterzienser-Abtei l'Escaladieu bei Bonnemazon.
Die Anlage ist unvollständig erhalten, aber immer noch sehr eindrucksvoll.
Mittelschiff der Kirche aus dem 13. Jahrhundert.
Romanische Arkaden des früheren Kapitelsaals im Ostflügel des Klosters.
Der davor liegende Kreuzgang ist nicht erhalten.
Innnenansicht des Kapitelsaals
In der Abtei werden wir von offiziellen Vertretern des Departements begrüßt und mit einem rustikalen Imbiss bewirtet. Wir stellen uns als Hausforscher und Vertreter der IG Bauernhaus vor  - und bedanken uns für die Gastfreundschaft der französischen Partner.


Fotos: Bernd Kunze; Text: Heinrich Stiewe

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