10. Juli 2025

Ein Tag in der Grachtenstadt Utrecht

Oudegracht in Utrecht

Utrecht ist eine Stadt der Grachten (die gibt es nicht nur in Amsterdam…) - und eine großartige mittelalterliche Vergangenheit hat die alte Bischofsstadt auch. Wir besuchen den Utrechter Dom, einige interessante Kirchen und Klöster und eine ehemalige Postschalterhalle.

Wir parken am Mariaplaats. Hier befindet sich ein ehemaliges Kloster, dessen romanische Marienkirche (Mariakerk) im 19. Jahrhundert abgerissen worden ist, Der Kreuzgang blieb erhalten und der Garten im Kreuzganghof wurde wiederhergestellt und wird von engagierten Bürgern gepflegt.

Ehemaliger Kreuzgang: Romanische Säulen mit Würfelkapitellen (12. Jahrhundert)

Diese moderne Wohnbebauung wurde um 1990 anstelle von früheren Kuriengebäuden errichtet und steht inzwischen unter Denkmalschutz.  



Unter einem dieser modernen Wohngebäude blieb ein mittelalterlicher Schmuckfußboden aus Keramikfliesen aus der Zeit um 1300 als sichtbarer Grabungsbefund erhalten. Der Fußboden gehört zu einem großen Wohnraum oder Saal von 11,5 x 6 m Grundfläche.


Der mächtige Westturm des Utrechter Domes stammt aus dem 14. Jahrhundert und ist mit 112 Metern der höchste Kirchturm der Niederlande. 

Blick vom Querhaus in den hochgotischen Chor des Utrechter Domes. Das Langhaus des Domes wurde am 1. August 1674 bei einem schweren Sturm, vermutlich einem Tornado, vollständig zerstört und nicht wieder aufgebaut.

Dieses spätgotische Altarretabel mit einer Darstellung der Anna Selbdritt wurde beim Bildersturm um 1580 schwer beschädigt. Allen Figuren wurden die Köpfe bzw. Gesichter abgeschlagen.

Diese Luftaufnahme des Domes (aus dem Domführer) zeigt das Ausmaß der Zerstörung durch den Tornado von 1674. Zwischen dem Westturm und dem Querhaus fehlt das gesamte Langhaus des Domes.

Blick vom Kreuzgang auf Querhaus und Turm des Utrechter Domes

Garten im Domkreuzgang

Wir nehem an einer interessanten Führung in den Keller des früheren „Palais Lofen”, der romanischen Kaiserpfalz von Utrecht aus der Zeit um 1130 teil. Einige Säulen und Wandabschnitte dieses Palastes und der gegenüberliegenden Kaiserpfalz sind in den Kellern unter den heutigen jüngeren Gebäuden erhalten geblieben.

Eine Ansicht der romanischen Kaiserpfalz, die mit seiner westlichen Außenwand zugleich die Mauer der Domburg bildete.

Ein Modell der romanischen Pfalz

Wir sehen einen computeranimierten Film, der die Machtkämpfe zwischen Kaiser, Bischof und den Stadtbewohnern von Utrecht 1122 zeigt. Damals setzten sich der Kaiser und die Utrechter gegen den Bischof durch und Kaiser Heinrich V. verlieh der Stadt Utrecht die Stadtrechte.

Insgesamt blieben drei romanische Säulen aus dem Untergeschoss des romanischen Bischofspalastes in den jüngeren Kellern der späterern Bürgerhäuser am Domplatz erhalten. 

Reger Schiffs- und Paddelverkehr herrscht auf der Oudegracht in Utrecht.

Blick vom Bischofshof, dem Standort des früheren Bischofspalastes, auf den mächtigen Domturm


An der Oudegracht stehen mehrere mittelalterliche Stadtpaläste von einflussreichen Adelsfamilien. Das monumentalste Beispiel ist das Haus „Oudaen” (Bildmitte), ein mächtiger, dreigeschossiter Backsteinbau mit wehrhaften Türmchen und einem Zinnenkrenz. Links sind zwei Wohn- und Geschäftshäuser des Historismus (um 1900) mit Erkertürmchen an den vorderen Ecken zu sehen,


Der „Drakenhof” ist ein weitere adliger Stadtpalast an der Oudegracht. Das Gebäude stammt aus dem 13. Jahrhundert, der gotische Treppengiebel wurde um 1910 rekonstruiert. Links ist das 1924 erbaute „Postkantoor” zu sehen,

Der Saal der „Drakenburg”, ein repräsentativer mittelalterlicher Wohnraum mit einem spätgotischen Kamin, zeigt noch (rekonstruierte?) Wandmalereien des 14. oder 15. Jahrhunderts. Möglicherweise war dieser Raum ein Vorbild für das „Patrizierhaus” im Museumspark Archeon das wir gestern gesehen haben,

Das „Postkantoor” (Postamt) wurde 1924 erbaut.  Das von dem Architekten Joseph Crouwel entworfene Gebäude aus gelb glasierten Backsteinen ist ein bedeutendes Beispiel des Expressionismus der „Amsterdamer Schule”.

Das ehemalige Postamt wird seit 1990 als Stadtbücherei genutzt. Dafür wurde über dem Haupteingang eine bunte Lichtreklame des Künstlers Maarten Baas installiert.

Herzstück des „Postkantoors” ist die parabelförmig gewölbte frühere Schalterhalle des Postamtes. Ornamental verglaste Lichtbänder zwischen den Parabelbögen belichten den großen Raum mit Tageslicht.

Ornamente aus gelb glasierten Klinkern und die aus schwarzem Marmorstein gefertigten Figuren der Erdteile von Hendrik van den Eijnde bestimmen den Raumeindruck dieses „Tempes der Post und Telegraphie”. 

Zum Abschluss unseres ersten Tages in Utrecht besuchen wir die Kirche St. Willibrordus, einen bedeutenden Bau der Neugotik von 1877, ein Werk des Utrechter Architekten Friedrich Alfred Tepe. Seit 1967 stand die Kirche leer und war von Verfall und Abriss bedroht. Von 1988 bis 2006 wurde sie schließlich vollständig restauriert. Wir werden von einem freundlichen Priester begrüßt, der uns die Orgel vorführt und mit sichtlichem Stolz seine Kirche zeigt. 

Der neugotische Innenraum der Willibrorduskirche wird von den vollständig erhaltenen und restaurierten farbigen Wand- und Gewölbemalereien des Historismus geprägt.

Triumphkreuz und Hochaltar


Ein Pfeiler mit farbiger Bemalung.



Zum Abendessen treffen wir uns im „Fort de Gagel”, einem ungewöhnlichen Restaurant in einem 1819 errichteten Festungswerk im Verlauf der „Holländischen Wasserlinie”, die seit 2021 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. Die „Hollandse Waterlinies” ist ein Gürtel von Bunkern und Fesgtungsanlagen, mit denen im Verteidigungsfall große Teile des Landes unter Wasser gesetzt werden konnten.

Hier treffen wir uns mit unserem baskischen Freund und Hausforscherkollegen Ibon Telleria zu einem gepflegen Abendessen Wir freuen uns schon auf den morgigen Tag, wo wir gemeinsam an der Promotion unseres Freundes Josue Susperregi, ebenfalls aus dem spanischen Baskenland, an der Universität Utrecht teilnehmen wollen,

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