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Eintreffen im Archäologiepark „Archeon” in Alphen aan den Rijn. |
Heue steht ein Besuch im Archäologie- und Museumspark „Archeon” in Alphen aan den Rijn südlich von Amsterdam auf unserem Programm. Wir sind mit der Archäologin Yardeni Vorst verabredet, die dort an einem Projekt zur Erforschung und Restaurierung von drei römischen Frachtschiffen arbeitet, die 1971-74 im Gebiet des unteren Rheins ausgegraben worden sind. Diese sogenannten Zwammerdamschiffe, drei Frachtschiffe und drei Boote aus der Zeit zwischen 97 und 208 n. Chr., sind bedeutende Zeugnisse des römischen Schiffbaus und sollen nach Abschluss ihrer Restaurierung in einem „Nationalen Römischen Schifffahrtsmuseum” zusammen mit dem Museumspark Archeon im Rahmen des UNESCO-Welterbes Niedergermanischer Limes präsentiert werden. Die Hölzer der Schiffe sind mit PEG (Polyehthylenglykol) konserviert worden und müssen jetzt gereinigt, restauriert und wieder zu den ursprünglichen Schiffen zusammengefügt werden. Das ist ein äußerst spannendes archäologisches Projekt, das noch längst nicht abgeschlossen ist - und wir bekommen einen exklusiven Blick hinter die Kulissen der laufenden Restaurierungsarbeiten.
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Yardeni Vorst begrüßt uns vor einer Nachbildung des hölzernen Steuerruders eines der Schiffe. Ein großes Transparent mit Abbildungen der römischen „Zwammerdam-Schiffe" informiert über das Restaurierungsprojekt. |
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Begrüßungskaffee und erste Informationen über das Projekt. |
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Das große Steuerruder eines römischen Frachtschiffes, das bei den Ausgrabungen 1971-74 gefunden worden ist, wurde bereits restauriert und wieder zusammengefügt, |
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Blick auf Schiff 3, ein großes Fluss-Frachtschiff mit flachem Boden, das wenige Jahre nach 200 n. Chr. erbaut worden ist und dessen Restaurierung schon weit fortgeschritten ist. Im Vordergrund ist ein kräftiges Längsholz mit einer viereckigen Öffnung zu erkennen, in der der Mast des Schiffes gestanden hat. |
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Wir blicken auf das restaurierte Frachtschiff in seinem stählernen Traggerüst. |
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Originale und restaurierte Spanten des Schiffes, gefertigt aus L-förmig gewachsenen Eichenkrummhölzern, |
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Ein Modell des römischen Frachtschiffes |
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In einer weiteren Halle sehen wir ein kleineres römisches Frachtschiff mit aufgesetzten Spanten und Bordwänden, das dendrochronologisch auf 97 n. Chr. datiert werden konnte. Fehlende Teile werden sorgfältig aus neuem Eichenholz ergänzt. |
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Die fragmentarisch erhaltenen, schwarz verfärbten Originalhölzer werden durch sorgfältig angepasste Teile aus neuem Holz ergänzt. |
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Ein anderes, kleineres Boot, ein römischer Einbaum aus der Zeit um 97 n. Chr.., befindet sich noch in einem Behälter mit Wasser, um ein Austrocknen und Schrumpfen des Holzes zu verhindern. |
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Fachsimpeln mit dem Zimmermann und Bootsbauer Alexander de Vos, einem Mitarbeiter an dem Restaurierungsprojekt. Wir reden über handwerkliche Techniken des römischen Schiff- und Bootsbaus, die er experimentell mit historischem Werkzeug wiederentdeckt hat. |
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Yardeni Vorst freut sich über ein Hausforscher-unterwegs-Buch über die Pyrenäen und das Baskenland, das wir ihr als Dankeschön für die kompetente und begeisternde Führung überreicht haben. |
Nach einem Mittagsimbiss in einer nachgebauten römischen Taverne besichtigen wir den Archäologie- und Museumspark „Archeon”, ein kommerziell geführter archäologischer Museumspark, in dem rekonstruierte Gebäude aus dem Neolithikum (der Jungsteinzeit), der Bronze- und Eisenzeit, der Römerzeit und aus dem Mittelalter zu sehen sind. Es ist ausgesprochen spannend, diese Rekonstruktionen kritisch unter die Lupe zu nehmen und zu diskutieren.
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Eine Hofanlage der römischen Eisenzeit, rekonstruiert nach Grabungsergebnissen von Ezinge in den Niederlanden. |
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Blick in das Innere des rekonstruierten Pfostenhauses |
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Ansicht der eisenzeitlichen Hofanlage von Ezinge. |
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Ein rekonstruierter eisenzeitlicher Pfostenspeicher. Von diesen Gebäuden zur Getreide- und Vorratslagerung sind im Grabungsbefund nur noch vier oder sechs Pfostenlöcher im Boden erhalten. Alles andere wurde rekonstruiert. |
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Pfosten des Speichers mit einer Holzscheibe, um Ratten und Mäuse von dem gelagerten Getreide fernzuhalten. |
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Ein besonderes Highlight ist das frisch rekonstruierte Haus aus der Zeit der Trichterbecherkultur (Neolithikum, Jungsgeinzeit) aus Flögeln-Eekhöltjen bei Cuxhaven in Niedersachsen. Dieses Haus ist eines der wenigen bekannten Häuser aus der Zeit der Trichterbecherkultur, die vor allem für ihre Großsteingräber (Megalithgräber, „Hünengräber”) bekannt ist. Es wurde von unserem Freund Haio Zimmermann in den 1970er Jahren entdeckt und ausgegraben und für ihn war es ein besonderes Erlebnis, die frisch ausgeführte Rekonstruktion kritich unter die Lupe zu nehmen und mit zwei Mitarbeiterinnen des Museums zu dikutieren. Die aktuelle Rekonstruktion ersetzt einen etwa 30 Jahre älteren Nachbau des Flögelner Hauses, dessen Pfosten im Boden verrottet waren und der einsturzgefährdet war. |
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Eine Besonderheit des jungsteinzeitlichen Hauses aus Flögeln sind dicht nebeneinander stehende Firstpfosten, die sich oben überkreuzen und den Firstbaum (die Firstpfette) tragen. |
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Mit zwei freundlichen Mitarbeiterinnen des Museums Archeon und Haio (Mitte) diskutieren wir die frisch fertiggestellte Rekonstruktion des Flögelner Hauses. |
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Nicht weit entfernt steht eine Baugruppe aus mehreren Stadthäusern des späten Mittelalters (14. bis 15. Jahrhundert), die nach wenigen erhaltenen Vorbildern in niederländischen Städten und historischen Bildzeugnissen rekonstruiert worden sind. Es handelt sich um nahezu vollständige Holzbauten, Fachwerkbauten aus Eichenholz, die mit Eichenbrettern beplankt sind. Die Fassaden zur Straße haben vorkragende Giebel und Oberstöcke. Als Hausforscher könnten wir mancherlei Kritik üben an vielen Details und Einzelheiten der handwerklichen Ausführung, doch geben diese rekonstruierten Gebäude einen Eindruck davon, wie holländische Stadthäuser des Spätmittelalters ausgesehen haben können. |
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Werkstatt eines Wollspinners und -färbers |
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Rekonstruierte städtische Handwerkerhäuser des späten Mittelalters |
Blick in die Diele eines rekonstruierten mittelalterlichen Kaufmanns- oder Patrizierhauses. Die Wände sind mit mittelalterlich anmutenden Wandmalereien geschmückt, die aber überwiegend Phantasie sind. Wir wissen, dass die Wände von mittelalterlichen Wohnhäusern farbig und figürlich bemalt sein konnten (ähnlich, wie wir es heute noch aus Kirchen und Burgen kennen), doch gibt es kaum historische Vorbilder. Dieses Interieur vermittelt einen wenig realistischen Eindruck von der möglichen Farbigkeit eines mittelalterlichen Wohnhauses, doch den Besuchern des Museumsparks, darunter viele „Reenactment”-Fans, die mittelalterliches Leben in historischen Gewändern nachspielen, gefällt es.
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Eine relativ kleine runde Tischplatte in dem rekonstruierten mittelalterlichen Patrizierhaus ist mit Wappen von König Artus und den Rittern der Tafelrunde bemalt. Auch dieses Möbel ist ein modernes Phantasieprodukt, doch erinnert es an die Bekanntheit und Popularität der Artussage im Mittelalter, die in Burgen und Wohnhäusern gern erzählt wurde. |
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