6. Juni 2016

Vom Baskenland in die Landes - mit dem Fahrstuhl in die Römerzeit und mit der Holzklasse ins Freilichtmuseum



Heute heißt es Abschied nehmen vom Baskenland - doch bis wir den Hausforscher-Bus mit reparierten Bremsen aus der Werkstatt abholen können, haben wir noch etwas Zeit. Mit Josué besuchen wir das Römermuseum in Irun - das einzige im Baskenland.

Das Museum erzählt sehr spannend und gut aufbereitet die Geschichte der römischen Hafenstadt Oiasso, die um 100 n.Chr. anstelle des heutigen Irun bestand. Teile der Stadt wurden ausgegraben, u.a. ein Amphitheater, Teile einer Nekropole, Thermen und der Hafen. Anschließend zeigt uns Josué sein Dendro-Labor bei der Firma Arkeolan.

Gemeinsam mit einer Kollegin von Josué besuchen wir das Museum Oiasso in Irun. Eine Mitarbeiterin des Museums gewährt uns freundlicherweise Zutritt, obwohl das Museum montags geschlossen ist.
Im Museum werden archäologische Funde, Modelle und Video-Animationen gezeigt, alles grafisch sehr gut gestaltet. Hier das animierte Modell eines Hauses aus der vorrömischen Eisenzeit.





Bei der Besichtigung des Museums gibt es interessante Diskussionen.
Anschließend zeigt uns Josué sein Dendro-Labor bei der Firma Arkeolan in Irun. Beeindruckend ist die Menge der datierten (oder noch zu datierenden) Holzproben.
Fachlicher Austausch unter Dendrochronologen...
Bei einem gemeinsamen Mittagessen verabschieden wir uns von Josué und bedanken uns mit vielen Hausforscher-Büchern. Dann begeben uns auf dir Rückreise in Richtung Bordeaux. Am späten Nachmittag erreichen wir das Ecomusée Marquèze bei Sabre in den Landes, einer ausgedehnten, heute überwiegend mit Kiefern bewachsenen Heidelandschaft südlich von Bordeaux. Das sehenswerte Freilichtmuseum dokumentiert die traditonelle Bau- und Volkskultur dieser Landschaft.

Das Eingangsgebäude des Freilichtmuseums ist der alte Bahnhof von Sabres.
Hier gibt es die Eintrittskasse und einen gut sortierten Museumsshop...
... und von hier aus fahren wir mit einem Museumszug - ganz authentisch in der "Holzklasse" - in das Museumsgelände.
Die Zugfahrt macht augenscheinlich viel Spaß....
Das Freilichtmuseum besteht aus drei Hofanlagen und einer Mühle - insgesamt werden über 20 historische Haupt- und Nebengebäude gezeigt. Diese Scheune...
... hat Fachwerkwände mit Füllungen aus Ginster (der uns auf unserer gesamten Pyrenäen-Reise begleitet hat)... 
... und ein Innnengerpst mit Firstsäuelen und einer Firstpfette mit einem sog. Unterfirst, einer zweiten, tiefer liegenden Pfette.
Einige Häuser sind "belebt", hier führen Mitarbeiter des Museums alte Handwerkstechniken vor. Hier arbeitet eine Weberin am Webstuhl.
Die Bauernhäuser der Landes sind breitgelagerte Fachwerkbauten mit flach geneigten Pfettendächern und vier tragenden Ständerreihen - ähnlich den Häusern, die wir im Baskenland gesehen haben. 
Eine Spezialität dieser Landschaft sind die offenen, loggia-ähnlichen Eingangsbereiche der Häuser mit einem kunstvoll verzimmerten Fachwerkgefüge.
Der Eingangsraum des Hauses ist mit einer offenen Kaminfeuerstelle ausgestattet, eine weitere befindet sich in der anschließenden Küche. In den Seitenschiffen des Hauses befinden sich Schlafkaammern und Arbeitsräume. 
Die Betten sind nach französischer Empire-Mode um 1800 mit Baldachinen ausgestattet. In diesem Zimmer wird der Tod des Hausherrn inszeniert: Um das Sterbebett stehen die Stühle der Familienangehörigen, Fenster und Spiegel sind verhängt. 
Weiß gekalktes Fachwerk mit Fenster. Das engstehende Ständerwerk ohne Riegel ist in Frankreich weit verbreitet, wir haben es bereits in der Normandie gesehen.
Der Rückgiebel des Hauses ist abgewalmt, die Dachdeckung besteht aus sogenannten Mönch- und Nonne-Ziegeln (Hohlziegeln). 
Im Backhaus wir Brot und Kuchen gebacken.
Außenansicht des Backhauses mit angebautem Lehmkuppel-Backofen. Bei vielen Nebengebäuden ist das Fachwerk mit horizontalen Brettern ausgefüllt.


Das "Haus des Pachtbauern" (maison des métayers) ist ein zweigeschossiger Traufenbau mit rückseitiger Abschleppung. Auch hier ist das Fachwerk weiß gekälkt.
Ausgusstein als Spül- und Waschort in der Küche. Im Spiegel ist Haio zu sehen, der die Einrichtung gründlich dokumentiert.
Diese sympathische Mitarbeiterin erklärt uns die frühere Technik des Wäschewaschens - auf französisch und englisch. Sie erzählt uns, dass die zum Reinigen benötigte Holzkohle (Pottasche) auch zum Zähneputzen verwendet wurde. 
Zweiräderiger Karren in einer Scheune
Auf den seitlichen Planken hängen Schaffelle. Schafhaltung spielte in der Heidelandschaft der Landes eine große Rolle auch das Museum besitzt eine Schafherde.
Fachwerk der Scheune mit eingezapften Schwellriegeln, Kopfbändern und Bohlenfüllung.
Innengerüst der Scheune. Viele Gebäude der Landes haben Zweiständergerüste mit flach geneigten Pfettendächern. Die Dachsparren (Rofen) liegen auf Längshölzern (Pfetten) auf.
Die Deckenbalken sind auf die Rähme (Längshölzer) gekämmt und mit Kopfbändern verstrebt. Diese Konstruktion erinnert uns an niederdeutsche Hallenhäuser - doch gibt es auch erhebliche Unterschiede.




Dieses Bauernhaus, genannt "Maison de Mineur", wurde 1772 erbaut. Es hat ebenfalls ein Zweiständer-Innengerüst und ein flach geneigtes Pfettendach.
Am Vordergiebel gibt es wiederum die landschaftstypische Eingangsloggia.
Nebengebäude mit Ginsterfüllung
Eine Museumsmitarbeiterin auf dem Weg in den wohlverdienten Feierabend.
Um 18 Uhr fahren wir mit dem letzten Zug zurück zum Ausgang.
Die Waggons haben Fahrgestelle mit Blattfedern.
Zwei Stunden später erreichen wir unser Quartier "Domaine de la Fontaine", das wir von der Autobahn aus gebucht haben, einestimmungsvolle Gite (Bed and Breakfast) im Soubran, nordwestlich von Bordeaux. Morgen geht es weiter über die Loire und durch die Normandie in Richtung Heimat.
Fotos: Bernd, Text: Heinrich

Zum nächsten Tag  –––>

1 Kommentar:

  1. einige Tage waren wir nicht hier - nun staunen wir wieder über alle interessanten Eindrücke, Hausformen, die schönen Fachwerkhäuser in Bayonne - einfach Klasse, danke! Weiterhin eine gute Reise wünschen
    Sylvia und Peter Hagenbach

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