31. Mai 2018

Von Glarus in den Kanton Uri: Besuch bei den Älplern auf dem Urnerboden

Alphütte (rechts) und jüngeres Stallgebäude (links) auf dem Urnerboden im Kanton Uri
Heute ist Stabwechsel angesagt: Heinz Pantli, der uns die letzten vier Tage begleitet und uns viel von der Baukultur seiner Schweizer Heimat gezeigt hat, verabschiedet sich am Bahnhof in Ziegelbrücke. Anschließend treffen wir uns mit Dr. Benno Furrer, dem Leiter der Schweizer Bauernhausforschung in Zug. Benno, den wir von vielen Hausforschertagungen gut kennen, will uns zuerst einige Alphütten auf dem Urnerboden im Kanton Uri zeigen, die noch heute von "Älplern" bewirtschaftet werden - der Besuch wird ein ganz besonderes und spannendes Erlebnis.
Die Alp Urnerboden liegt in einem breiten Hochtal auf etwa 1450 m Höhe an der Straße, die von Glarus zum Klausenpass hinaufführt.
Hier treffen wir den "Älpler" Sepp (Josef) Gisler, der bereit ist, uns seine Alphütte zu zeigen.
Die Alphütte oder Sennhütte "Argseeli" ist ein eingeschossiger Blockbau unbekannten Alters (18. Jahrhundert?), der ursprünglich einen großen Mehrzweckraum (Käserei und Aufenthaltsraum) und einen rückwärtigen "Milchkeller" (Milchkammer) enthielt. 1832 (Jahreszahl am Vordergiebel) wurde die Hütte um eine vordere Stube erweitert. 
Rindergehörn und Jahreszahl 1832 am Vordergiebel der Alphütte
In der Stube: Heinrich unterhält sich mit dem Älpler Sepp. Er erzählt uns, dass er die Alp für den Auftrieb der Kühe vorbereitet. Heute Abend (31. Mai) findet im Dorfschulhaus in Spiringen eine Versammlung aller Nutzungsberechtigten des Urnerbodens statt, auf der der Termin für den Auftrieb verabredet wird.
Gemütlich: Die mit Nadelholz "getäferte" Stube der Alphütte....
... und der Herrgottswinkel darf nicht fehlen.
Kuhglocken und Deko für den Almabtrieb in der Milchkammer
Stirnschmuck für eine Kuh beim Almabtrieb im September
Weitere Kuhglocken hängen im Stall. Einige sind aus Messing gegossen und tragen Inschriften.
Namensschild der Kuh "Örgeli" im Stall
Zum Schluss machen wir ein "Familienfoto"  mit Sepp (Bildmitte) vor der Alphütte
Einkauf im Käseladen auf dem Urnerboden …
… für unsere anschließende Mittagsbrotzeit an der Kirche. Seit dem 19. Jahrhundert hat sich auf dem Urnerboden eine kleine Dauersiedlung entwickelt, zu der auch Kirche und Schulhaus gehören.
Unterhalb der Kirche liegt eine weitere Alphütte mit Kuhstall (rechts) und Käsespeicher (links), die wir nach unserer Mittagspause besichtigen.
Auch diese Hütte wurde nachträglich um eine Stube nach vorn verlängert; diese ist im Giebel 1839 datiert.
Neben der Eingangstür stehen die Wanderstöcke der Älpler.
Verwitterte Schindelverkleidung neben der Tür
Blick über den Urnerboden in Richtung Klausenpass.
Bei der Weiterfahrt besuchen wir spontan noch diese Alphütte mit Stall auf der Alp "Oberst Wang".
Giebel der Alphütte
Das zugehörige Stallgebäude ist inschriftlich datiert; es stammt von 1809.
Die Bewohner sind gerade dabei, die Hütte für den diesjährigen Alpaufenthalt vorzubereiten – und wir dürfen hineinschauen. Hier der Ofen der Stube mit einem traditionellen Trockengestell.
In der früheren Käserei blieb der "Turner", der hölzerne Wendebaum für den Käsekessel über dem offenen Feuer, erhalten. Er dient heute als Klorollenhalter einer nachträglich eingebauten Toilette.
Hölzernes Türschloss der Eingangstür
Im Innern der Hütte ist noch die alte Schindeldeckung des Daches sichtbar, die von außen mit Blech überdeckt ist.
Neben der Alphütte steht ein alter Käsespeicher, in dem früher der fertige Käse gelagert wurde.
Vom Urnerboden fahren wir über endlose Serpentinen zum Klausenpass hinauf. 
Die Aussicht ins Tal ist atemberaubend....
Am Straßenrand sehen wir die klassische Alpenflora – wilder Enzian ist auch dabei.
Auf der Passhöhe liegen noch größere Schneereste.
Wir überqueren den Klausenpass in 1.952 m Höhe.
Das alte Hotel am Klausenpass ist ein historistischer Holzbau aus dem Jahr 1890, als die Passstraße eröffnet wurde. Das Gebäude ist im Lauf der Jahre in eine bedrohliche Schieflage geraten und muss durch Stahlseile gesichert werden.
Kaffeepause mit Benno Furrer (links) am alten Hotel Klausenpass.
Schließlich erreichen wir unseren neuen Übernachtungsort Altdorf am Urner See im Kanton Uri. Auf dem Marktplatz steht ein "Türmli" mit einem Denkmal eines berühmten Schweizers …
Hier begegnen wir einem wichtigen Kapitel der Schweizer Nationalgeschichte und -identität: Auf dem Marktplatz in Altdorf soll sich der berühmte "Apfelschuss" von Wilhelm Tell abgespielt haben – als "Showdown" seiner Auseinandersetzung mit dem Landvogt Gessler. Seit dem späten 19. Jahrhundert erinnert ein monumentales Wilhelm-Tell-Denkmal am "Türmli" an den Schweizer Nationalhelden.
Fotos: Bernd Kunze; Texte: Heinrich Stiewe

zum Tag 8   –––>

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