20. März 2013

„Hausbau in Etappen – Bauphasen des niederdeutschen Hallenhauses“

Dorfidylle in Soest-Hattrop
25. Jahrestagung 
des Arbeitskreises für ländliche Hausforschung in Nordwestdeutschland
vom 15. bis 17. März 2013 

im „Landwirtschaftszentrum Haus Düsse“ der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen in Bad Sassendorf-Ostinghausen (Soester Börde)

Die diesjährige Tagung fand in der Soester Börde und zwar im „Landwirtschaftszentrum Haus Düsse“ der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen in Bad Sassendorf-Ostinghausen statt, das uns Unterkunft und Verpflegung, Räume für Vorträge und Geselligkeit zur Verügung stellte.
Der Aufruf:
„Hausbau in Etappen – Bauphasen des niederdeutschen Hallenhauses“
Die Haupthäuser Nordwestdeutschlands stammen oft nicht 'aus einem Guss', sondern weisen zwei oder gar mehrere prägende Bauphasen auf. Systematisch hat sich bisher nur Volker Gläntzer in den 1970er Jahren mit diesem Phänomen beschäftigt: Allein in den beiden Artländer Gemeinden Badbergen und Gehrde waren 51 Haupthäuser zu ermitteln, die doppelt bzw. mehrfach inschriftlich datiert sind. Nach Phasen der Erst- und Zweit-Datierung sortiert, zeigte sich, dass die ältesten Bauten bei Erhalt der Kerngerüste im Verlauf des 18. Jahrhunderts besonders in der Gestalt des Wirtschaftsgiebels verändert wurden, während die Veränderungen aller älteren Häuser im späten 19. Jahrhundert überwiegend den Wohnteil betrafen. 
Jedoch kann das 'Bauen in Etappen' seine Ursache nicht nur in der Anpassung an jeweils moderne Standards/Erfordernisse haben, seien sie gestalterischer Art wie bei Fassadenumbauten oder Umdekorationen im Inneren, seien sie funktionaler Art wie bei Umbauten der Wirtschaftsteile  aufgrund von Veränderungen der landwirtschaftlichen Methoden (z.B. Rindviehstallvergrößerungen; Drempelbildung) oder seien sie wohnkultureller Art  wie bei Umbauten der Wohnteile im Gefolge steigender Wohnansprüche (z.B. Anbauten, Aufstockungen oder Erhöhung des Kammerfachs/Wohnteils). Mögliche Ursachen sind vielmehr auch Streitigkeiten zwischen verschiedenen Baupflichtigen, wie beim Pfarrhausbau, aber womöglich auch zwischen Eigentümer (Grundherr) und Pächter (Bauer), oder problematische Erfolgen oder persönliche, natürliche oder gesellschaftliche Katastrophen, die zur vorübergehenden Unterbrechung des  (Neu-)Bauvorhabens zwangen.
Vorträge sind zu allen diesen verschiedenen Varianten von „Doppeldatierungen“, vom „Bauen in Etappen“, vom „Weiterbauen am Bauernhaus“ erwünscht: Natürlich auch solche, die am Beispiel eines einzelnen Hauses bzw. Hofes die zu den Bau- bzw. Umbaumaßnahmen führenden Ursachen und Motive erhellen können. Auch die Verlegung von Haus- oder Hofstandorten und die 
Abfolge der Erstellung von Haupthaus und Nebengebäuden können zur Erkenntnis typischer Bau- bzw. Umbaumuster beitragen. 
Eine Eingrenzung der Zeit, in der die einzelnen Etappen von Bau- und Umbau der Häuser erfolgten, ist nicht vorgesehen. Im Gegenteil sind auch Vorträge erwünscht, die typische Formen aktueller Etappen von Umbau- und Umnutzungserfordernissen aus Sicht von BauherrInnen- und/oder Architektenschaft erläutern.

Das Freitagnachmittag-Besichtigungsprogramm
im „Landwirtschaftszentrum Haus Düsse“ erlaubte uns auf dem folgenden Rundgang Einblicke in aktuelle Entwicklungen der Landwirtschaft und des landwirtschaftlichen Bauens.

Führung im Landwirtschaftszentrum
120 Milchkühe hält die Versuchsanstalt …
… ein Melkroboter zapft den Kühen rund um die Uhr die Milch ab - wann immer ihnen danach ist
Der Abferkelstall zeigt verschiedene Möglichkeiten der Sauenhaltung 
… und dann sehen wir auch noch  …
…  das Zentrum für nachwachsende Rohstoffe.

Das Abendprogramm 
mit gemütlichem Beisammensein in der Westfalenschänke.
Wolfgang Dörfler hält die Laudatio auf uns selbst …    
Wolfgang Dörfler: „Wir feiern uns selbst“ ist der Titel seiner heiteren Rede
… und die TeilnehmerInnen sind begeistert …


Die Vorträge am Samstag:
    • Peter Barthold: Zur Baugeschichte des Tagungsortes: Haus Düsse
    • Thomas Spohn: Einführung in die Geschichte der Tagungsregion und ihres ländlichen Hausbau sowie in das Tagungsthema
    • Josef Pollmann: Baumeister Baade. Ein Baumeister zwischen Tradition und Moderne
      Ausgelöst durch einen Dorfbrand 1858 entstanden in und im näheren Umfeld von Niederense (Kreis Soest) durch Baumeister Baade vier niederdeutsche Hallenhäuser im Stil der neuen Zeit. Baade verband bei seinen Bauten u.a. mit dem Massivbau aus Ziegeln die Moderne; noch in den 1860er Jahren errichtete man Fachwerkgebäude; gleichzeitig hielt er u.a. durch die alte Hausaufteilung am Tradierten fest. Erst um 1880 beginnt im Raum Ense die Bauweise mit separaten Gebäuden wie Wohnhaus und Nebengebäuden. Im Vortrag wird die Bauweise von Baade am Beispiel des 2011 abgebrochenen Hofes Hagedorn vorgestellt.
    • Heike Notz: Ein Leibzuchtshaus im Vogler
      Die Untersuchung eines kleinen Wandausschnittes im Bereich einer Baunaht führt in die Baugeschichte einer ganzen Hofanlage in einer eher ärmlichen Gegend. Kleine Details am Fachwerk lassen neugierig werden. Der Wohnteil des Gebäudes ist mit 1836 (i) datiert. Es können Rückschlüsse anhand von sehr schönem Kartenmaterial und Bauanträgen bis 1760 gezogen werden. Der Vortrag bezieht sich auf eine Projektarbeit im Rahmen der Fortbildung zur Restauratorin im Zimmerhandwerk.
    • Johannes Busch: 1362 – 2013. 650 Jahre Baugeschichte eines Münsterländer Gräftenhofs in Lüdinghausen
      Entwicklung und Baugestaltung anhand von Befunden aus Archäologie und Hausforschung, mit einem relativ reichen Überlieferungsbestand verschiedener Bauphasen eines Vierständer Hallenhaus seit 1517.
    • Fred Kaspar: Reste eines 1541 datierten Bauernhauses im Münsterland
      Erst im Zuge einer Umnutzung fiel in dem seit langem leer stehenden Haupthaus des Hofes Tellegey bei Ahlen (Kr. Warendorf) ein Luchtbalken mit der Jahreszahl (15)44 auf, eine der ältesten bislang bekannten inschriftlichen Datierungen eines ländlichen Gebäudes. Weitere Untersuchungen zeigten, dass damit (nur) der erste Umbau eines 1522 (d) errichteten Vierständerhallenhauses datiert wird. Aussagekräftige Teile dieses Kerngerüstes haben sich bis heute erhalten, sind allerdings weitgehend in jüngeren Bauzuständen vorborgen.
      Der Vortrag wird die festgestellten Befunde erläutern und die darauf aufbauende Rekonstruktion vorstellen, ihre Bedeutung für die Geschichte des Bauernhauses ansprechen sowie sich daraus ergebende Fragen für die Hausforschung stellen.
      Die Veränderungsgeschichte zeigt vor dem Hintergrund der bislang bekannt gewordenen Vergleichsbauten offenbar charakteristische Phasen und Ziele späterer Umbauten. Es scheint, dass nur unter diesen Bedingungen solche Alt-Kerngerüste erhalten blieben, wobei zwischen in Situ erhaltenen Konstruktionsbereichen und wiederverwendeten Bauteilen zu unterscheiden ist.
    • Peter Barthold: Vom Halbspännerhof zur Erbmeyerstätte und zurück – Der sogenannte Beckmannshof in Halle/Westfalen. 
      Der sog. Beckmannshof in Halle/Westf. ist ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie sich über mehrere Generationen anhaltender wirtschaftlicher Erfolg baulich auswirken kann. Die mehrmaligen Verlängerungen in beide Richtungen und die zahlreichen, teils mehrgeschossigen seitlichen Anbauten an ein wohl 1640 errichtetes Flettdielenhaus prägen bis heute den überlieferten Fachwerkbau. In Zeiten des wirtschaftlichen Niedergangs führte die Größe des Gebäudes zu erheblichen Problemen, die sich im Rückbau der zahlreichen Wohnräume niederschlugen. 1991-93 erfolgte der Umbau des mittlerweile städtischen Gebäudes zu einer Kindertagesstätte.
    • Lutz Volmer: Neubauen, Umbauen, Weiterbauen. Das Unvollendete im ländlichen Hausbau der Grafschaft Ravensberg um 1800Offensichtlich nicht fertig gebaute Häuser sind im heutigen Baubestand der Region Ravensberg im östlichen Westfalen isolierte Ausnahmen. Das mag jedoch in historischer Zeit anders gewesen sein. Der Vortrag wendet sich großen Bauernhäusern zu, die aus organisatorischen Gründen wohl fast ausnahmslos in zwei Bauabschnitten entstanden. Eine mögliche Erklärung für das Fehlen des Unvollendeten scheint mit in vielen kleinen Schritten weitergebauten Häusern gefunden zu sein, die einen langsamen Wandel von "alt" nach "neu" ermöglichten.
    •  W. Haio Zimmermann: Die Ahnen des Niederdeutschen Hallenhauses. Ergebnisse der ArchäologieIn einem kurzen Überblick soll die Entwicklung des Hauses (Grundriss, Funktion) ab der jüngeren Steinzeit bis ins Mittelalter skizziert werden. Ausführlicher soll dann die Entwicklung ab dem frühen bis zum hohen Mittelalter vorgestellt werden. Da dann, ab dem beginnenden Hohen Mittelalter, der hauptsächliche Übergang vom Pfosten- zum Ständerbau erfolgt, ist für diese Zeit die Hausentwicklung viel schwieriger zu verfolgen als für alle ur- und frühgeschichtlichen Perioden. Ein besonderes Augenmerk soll der Frage gelten, ab wann es einen Stall gab und ob er unter dem gleichen Dach lag, wie der Wohnteil oder nicht.
    • Nils Kagel: Die ehemalige Vollhufe C in Hamburg-Volksdorf. Archäologische Befunde zur Entstehung des Niederdeutschen Hallenhauses auf der holsteinischen Geest.
      Durch Zufall ergab sich 2010 bei der Sanierung eines auf 1624 (d) datierten Flettdielenhaus im Hamburger Stadtteil Volksdorf die Gelegenheit, eine archäologische Untersuchung des Baugrundes durchzuführen. Überraschend traten trotz massiver neuzeitlicher Eingriffe in den Boden aussagekräftige Befunde zutage, aus denen Rückschlüsse auf Größe und Konstruktionsweise des Niederdeutschen Hallenhauses zur Zeit der hochmittelalterlichen Binnenkolonisation gezogen werden können.   
    • Heinz Riepshoff: Pfostenbauten in der früheren Grafschaft Hoya? Oder - Was sich aus zweitverwendeten Balken von Bauernhäusern, die vor dem 30-jährigen Krieg gebaut wurden, ablesen lässt
      Vor ca. 20 Jahren war in der Grafschaft Hoya nur eine Hand voll Bauernhäuser aus der Zeit des 30-jährigen Krieges bekannt. Durch gründliche Untersuchung dieser Region ist die Anzahl der im 16. Jahrhundert und bis Ende des 30-jährigen Krieges gebauten Häuser auf ca. 80 gestiegen. Dabei konnten für ca. 50 % der Häuser zweitverwendete Bauteile, in der Regel Balken, identifiziert werden, von denen viele nur wenige Jahre älter sind, einige jedoch aus dem 15. Jahrhundert stammen.
      Welche Informationen liefern uns diese Bauteile? Welche Rückschlüsse auf ältere, nicht mehr vorhandene Bauten lassen diese Bauteile zu? Was war an den Vorgängerbauten anders, als an den nachfolgenden, bis heute erhaltenen Häusern?
    • Hans-Joachim Turner: Ein Bauernhaus der Heide – Krelingen Nr. 15Am Beispiel des Bauernhauses Krelingen Nr. 15 möchte ich die in Teilen ungewöhnlichen Umbaumaßnahmen des 19. Jahrhunderts an dem nach 1683 erbauten Kötnerhaus darstellen.
      Das Bauernhaus wurde nach einem Dorfbrand gänzlich neu errichtet. Die Außenwände wurden dabei traditionell in reiner Holzbauweise mit Bohlenfüllungen ausgeführt. Eine Baumaßnahme im 19. Jahrhundert wird mit ihren vielschichtigen Veränderungen vorgestellt und kommentiert. Mit nur geringen weiteren Modernisierungen gelangte das Fachwerkgebäude in die Neuzeit. Im Schlussteil werde ich die jetzt geplanten Ertüchtigungsmaßnahmen zum energiesparenden und zeitgemäßen Wohnen beschreiben.
    • Dirk Wübbenhorst/Knut Hose: Einführung und Rückbau der schornsteinlosen Küchenstube im Wendland
      Bezüglich Veränderungen an Hallenhäusern wurden bisher vor allem Erweiterungen publiziert. Diese sind auch im Wendland feststellbar, im Wesentlichen wurde der Wirtschaftsteil durch Änderung der Seitenschiffe im Wirtschaftsteil geräumiger gemacht.
      Bedeutsamer als diese Veränderungen der Baukörper ist aber die innere Veränderung im Wohnteil. Diese erfolgte im Wendland und der Dannenberger Elbmarsch so gründlich, daß für die Ausbildung von Herdraum und Küche kein bauzeitliches Beispiel aus dem 17./18.Jh. erhalten ist.
      Interessanterweise ergaben unsere Nachforschungen für die Zeit vor 1600 völlig unerwartet Häuser, die ohne Stubenteil mit der rückwärtigen Flettwand enden. Das Dreiständerhaus aus Siemen wurde 1576 ohne Wohnteil errichtet und bereits 1604 um ebendiesen erweitert, und mit einer Hohen Rauchküche ausgestattet.
      Seit dem Beginn des 17.Jh. wurden die Neubauten mit Wohnteil und Hoher Rauchküche versehen, die z.B. im Dreiständerhaus Dünsche 1734 als Schornsteinlose Küchenstube mit Seitenkammern, aber ohne weitere Stube den Wohnteil bildete. Ab 1800 wurde die Küchenstube dann in eine Hohe Küche und eine rauchfreie Stube geteilt, bei den Neubauten dieser Zeit in der Konstruktion des rückwärtigen Giebels gut zu erkennen.
      Ab ca. 1825 erfolgte dann im Niederen Drawehn die Einführung der Kochstelle mit Rauchglocke und Schornstein, in der Dannenberger Marsch dagegen zunächst die „Rückentwicklung“ zum offenen Herdfeuer im Flett.
    • Christine Scheer: Zeittypische Veränderungen an Fachhallenhäusern der Krempermarsch zwischen 1600 und 1900
      Die Krempermarsch zählt zu den holsteinischen Elbmarschen. Ideale Produktionsbedingungen wie fruchtbarer Schwemmlandboden und gute Exportbedingungen auf dem Wasserwege, sowie Höfe mit arrondierten Flächen im Besitz freier Bauern ermöglichten erheblichen bäuerlichen Wohlstand. Er fand seinen baulichen Ausdruck in geräumigen Scheunen und stattlichen Fachhallenhäusern mit durchgehender Mittellängsdiele. Phasen reger Bautätigkeit gab es zum einen im Zusammenhang mit den Auswirkungen des dreißigjährigen Krieges, zum anderen zu Zeiten guter Agrarkonjunktur jeweils in der zweiten Hälfte des 18. und des 19. Jahrhunderts. Während sich zeittypische Bauweisen, Stilrichtungen und Produktionstechniken im Falle von Neubauten geschlossen präsentierten, fanden sie im Baubestand als stilistische Überformung, als Vergrößerung des Bauvolumens und funktionale Veränderungen im Wohn- und Wirtschaftsbereich Ausdruck, wobei die Schwerpunkte durchaus individuell bestimmt waren. Auch nachbarschaftliche Einflüsse lassen sich bis heute nachweisen.
    • Elke Onnen: Stallanbauten der 1930er Jahre. Eine Beobachtung aus dem Nordwesten Mecklenburgs
      Anbauten und Erweiterungen an Hallenhäusern sind nichts Ungewöhnliches, diese gab es zu jeder Zeit – sowohl am Wohn- wie auch am Wirtschaftsteil. Im Nordwesten Mecklenburgs ist jedoch eine Vielzahl von Stallanbauten aus den 1930er Jahren zu beobachten. Diese eineinhalb- oder zweigeschossigen Anbauten, die im rechten Winkel an den Wirtschaftsteil angesetzt wurden, sind in massiver Bauweise errichtet. Der Beitrag ist ein Versuch, eine Erklärung für diese Form der Anbauten bzw. für gehäuftes Vorkommen in der Zeit zu finden.
    • Michael Schimek: Verlängerung eingeplant. Gebäudeerweiterungen bei Bauten der Moor- und Heidekolonisation in Nordwestniedersachsen
      Die seit dem Ende des 19. Jahrhunderts in den Moor- und Heidegebieten Nordwestniedersachsens in großem Maßstab planmäßig angesetzten Neusiedler benötigten Wohn- und Wirtschaftsgebäude, die mit der Urbarmachung der Landstellen mitwuchsen. Der Beitrag thematisiert anhand von Beispielen aus Ostfriesland und Oldenburg diese gewissermaßen vorprogrammierten baulichen Anpassungen von Kolonistenhäusern.
    • Dietrich Maschmeyer: Umbauten von Bauernhäusern als Indikatoren für gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und geschmacklichen Wandel
      Als Gebäude, dessen Gestaltung sehr wesentlich von der Nutzung her dominiert und definiert wird, ist praktisch in jedem historischen Bauernhaus die Nutzung von einzelnen Bereichen mehrfach verändert worden, was in der Regel mit mehr oder minder großen Eingriffen in die Bausubstanz einherging. Die sorgfältige Analyse der Strukturen möglichst vieler Bauphasen ist eine Geschichtsquelle, die von der Hausforschung bisher nur selten voll ausgeschöpft wurde. Der Autor möchte hier seine aus solcher Analyse erwachsenen bisherigen Erkenntnisse resümieren und versuchen, aus der Fülle von Einzelbeobachtungen generalisierbare Aussagen abzuleiten.
      Bei einigen der ältesten Häusern scheinen sich in der Bewahrung extrem alter Flettgerüste noch ältere, aus ursprünglichen Lehens- und Meierrechten stammende geteilte Eigentumsrechte am Haus zu manifestieren. Vergleichsweise ausführlich ist bisher in der Forschung die Differenzierung des Wohnbereiches untersucht worden, weit weniger jedoch die Umstrukturierung der Viehställe. So spiegeln sich Veränderungen der Milchwirtschaft nicht nur in Umbauten der Rinderstände, sondern auch im Bau und Umbau von Milch- und Käsekammern. In einigen Regionen scheinen die Pferde erst im 18. Jh. ins Haus aufgenommen worden zu sein. Mehrfache erhebliche Wandlungen der Struktur der Pferdeställe weisen überdies auf Veränderungen in den Haltungskonzepten hin. Im 18. und 19. Jh. gehen diese Umbauten oft einher mit Vergrößerungen und erheblichen gestalterischen Veränderungen der Gebäude, die die allgemein bekannte Intensivierung der Landwirtschaft auch im Baubestand belegen.
    • Andreas Eiynck: Das Emsländische Bauernhaus - ein Um- und Ausbauhau
      Bei einer umfangreichen Inventarisation des ländlichen Hausbestandes wurden seit den 1990er Jahren insbesondere die Bau- und Umbauphasen des Bauernhäuser erfasst. Dabei stellten sich neben typischen Neubauphasen auch typische Umbauphasen heraus, die Aspekte wie das Kammerfach, die Trennwand zwischen Küche und Diele, die Feuerstelle, den Wechsel vom Fachwerk- zum Backsteinbau, den Pottstall und weitere Aspekte des Bauens, Wohnens und Wirtschaftens betreffen.
      Im Mittelpunkt stand dabei neben der Periodisierung an sich auch die Fragen nach den Prototypen, den ersten Innovatoren und dem Zeitraum, in dem die große Masse nachzog. Die Datenerhebung aus der Inventarisation bietet für solche Fragestellungen eine hilfreiche, aber nicht immer hinreichende Materialgrundlage.
    • Holger Reimers: Substanzerhalt oder radikaler Wandel? Umbauten von Fachhhallenhäusern des 17. Jahrhunderts in den holsteinischen Elbmarschen zwischen 1800 und 1850
      Anhand von vier unterschiedlich großen, direkt nach den Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges errichteten Fachhallenhäusern in den holsteinischen Elbmarschen wird untersucht, wie die Nutzer mit der überkommenen Bausubstanz bei Umbauten in der Zeit von ca. 1800 bis 1850 umgegangen sind. Welche Rolle spielte der vorhandene Baubestand, in welcher Weise wurde er in die Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen einbezogen. Ausblicke in Baumaßnahmen nach 1850 werden nicht ausgeschlossen.
    • Ulrich Klages (†), vorgetragen von Wolfgang Dörfler: „Zweiphasige“ Flett-Dielen-Gerüste in Hallenhäusern und die Zweitverwendung ganzer Gerüstkomplex
      Ulrich Klages hat in seinem bereits 2007 fertig gestellten Text drei Häuser der Nordheide (Bockelskamp, Jesteburg, Schierhorn-Weihe) als Beispiele dafür angeführt, dass in Hallenhäusern die Grenze zwischen dem Dielengerüst und dem Flettgerüst einen deutlichen zeitlichen Unterschied bei der Erbauung dieser beiden Hausteile markieren kann. Er beschreibt dies aber als seltenen Befund, weil die gleichzeitige Erbauung aller Hausteile die Regel darstellt. In seiner Diskussion zitiert er Beispiele aus anderen Hauslandschaften (östliche Niederlande, Gütersloh-Spexard und Hamburg-Neuengamme) und folgert auf möglich rechtliche wie bautechnische Gründe für dieses Phänomen.
    Abschlussdiskussion und Beratung über kommende Tagungen


    Besichtigung der Tagungseinrichtung "Haus Düsse"
    Das "Rittergut Ostinghausen" ist erstmals 1231 erwähnt …
    … den Namen "Haus Düsse" erhielt das Gut nach seiner Fertigstellung als Wasserschloß im Jahre 1655 von seinem damaligen Besitzer Adrian von der Düssen.
    In der Mittagspause geb es Gelegenheit zur Besichtigung des jüngeren Dachwerks  … 
    … und auch des älteren Dachwerks.
    Die Räucherkammer unterm Dach.
    Busexkursion in die Soester Börde

    Die Busexkursion. Peter Barthold hat die Leitung in diesem Bus übernommen

    Das Kirchdorf Oestinghausen (Ersterwähnung 1189) liegt etwa 7 km nördlich von  Soest im Auslauf der Soester Boerde. Nach der Soester Fehde gehörte Oestinghausen weiterhin zum Erzbistum Köln. 
    Etwas abseits des Kirchhofs das Pfarrhaus (A), ein Querdielenhaus von 1767, am Kirchhof selbst u.a. ein zweistöckiger ehemaliger Speicher (B) von 1575 (d) und die einstöckige Schule (C) von 1805.
    Pfarrhaus von 1767 als Querdielenhaus mit dem Stall zwischen Wohnteil und Wirtschaftsdiele.
    Aus mächtigen Hölzern besteht das Torgebinde
    Das Nachbarhaus mit Torbalken ohne Funktion
    Kirchhofspeicher von 1575
    Oestinghausen (Lippetal), kath. Pfarrkirche St. Stephanus,
    gebaut aus Grünsandstein 
    Im Dachwerk der Kirche

    Kath. Pfarrkirche St. Stephanus:
    Zweijochiger romanischer Saal um 1150 aus Grünsandstein mit jüngerem Querschiff und gerade geschlossenem Chor.
    In diesen Kotten neben der Kirche wohnten die Bediensteten des adeligen Hauses Brockhausen
    Soest-Hattrop, Kirchlich zu St. Pauli in Soest gehörender Weiler mit 26 Höfen im Jahr 1685. Die Bausubstanz noch stark von Haupthäusern der Jahre nach 1782 und Nebengebäuden der 1860er Jahre bestimmt.
    Speichergebäude
    Das neue "Bauernhaus von 1902 …
    … das alte Bauernhaus stammt aus dem Jahr 1782
    Wirtschaftsgebäude von 1865
    auch in SoestHattrop: das Bauernhaus aus dem Jahr 1785
    Der breite Torbalken bietet ausreichend Platz für die fünfzeilige Inschrift
    innen ist es an ein zeitgemäßes Wohnen angepaßt.
    Ostönnen: 1850 steht auf dem Torbalken des Bauernhauses
    Diskussionen auf der Diele
    Die Scheune ist aus dem regionalen Grünsandstein gebaut. Über dem Tor Einfluglöcher  in den Taubenschlag.
    Grünsandstein ist auch das Baumaterial für Stallgebäude …
    … und das Backhaus.
    unbesäumt geht's auch und sieht auch noch interessant aus.
    Der wohngiebel ist inzwischen mit einem Plattenbehang ausgestattet.
    St Andreas-Kirche in Ostönnen
    Die älteste noch bespielte Orgel der Welt. Die Schrifttafeln sind Chronogramme (in den Texten sind  in den hervorgehobenen Buchstaben Jahreszahlen versteckt)

    Die Organistin spielt für uns ein kleines Orgelstück aus dem Mittelalter.
    Die Orgelpfeifen haben eine besondere mittelalterliche Form.
    Die Wandmalereien entstanden Anf. des 13. Jh.
    Lippetal-Kesseler, Lippe-Schleuse
    Die mit nur 116 m Höhenunterschied insg. 220 km lange Lippe ist seit alter Zeit als Schifffahrtsweg genutzt, jedoch erst seit 1828 im modernen Sinne durch Wasserstandsregulierung (Buhnen und elf Schleusen) bis Lippstadt schiffbar. Im 20. Jahrhundert durch den – allerdings nur bis Hamm reichenden – Lippe-Seitenkanal (genannt Datteln-Hamm-Kanal (1914) und Wesel-Datteln-Kanal (ab 1930)) ersetzt. Von den seit 1820 errichteten Schleusen und Wehren nebst Schleusenwärterhäusern sind nur noch die vier oberen (nahe Lippstadt) erhalten.
    Über die Schleusen- und Kanlgeschichte informiert Thomas Spohn
    Schleuse Kesseler, erbaut 1828
    Die Elisabeth-Schleuse, 1890

    Welver-Kirchwelver, ehem. Zisterzienserinnen-Kloster 
    Um 1240 gegründetes Zisterzienserinnenkloster mit 50 zugehörigen Höfe (insg. 463 ha), Mühlen in sieben Orten sowie Stadthäusern in Soest und Dortmund; 1809 aufgelöst.Die Baulichkeiten bis auf die ursprüngliche Klosterkirche, die im Zuge der Reformation den Lutheranern übergeben wurde, sind im ausgehenden 17. Jahrhundert vollständig erneuert.
    Noch erhalten sind eben diese ursprüngliche Klosterkirche sowie die ab 1697 zusätzliche erbaute neue Klosterkirche (heute katholische Pfarrkirche), ein Teil der Abtei mit Hauptportal 1687, Teil des einstigen Westflügels von 1691, ehemaliges Back- und Brauhaus (heute Heimatmuseum) von 1711 sowie fachwerkenes Torhaus von 1743 (nicht zu besichtigen).
    Detail der Barocktreppe im Westflügel von 1691
    ehemaliges Back- und Brauhaus (heute Heimatmuseum) von 1711
    im Dach des Back- und Brauhauses
    Dekoration am einstigen Westflügel (Gästehaus der Abtei) von 1691
    Hauptportal von 1687, der ehemaligen Abtei
    Die beiden Kirchen der Anlage
    Im Scheitelpunkt des Kreuzgratgewölbes der Klosterkirche
    Detail am Altar
    Welver-Recklingsen, Lohof, Schulzenhof des Klosters Welver in umgräfteter Einzellage mit Haupthaus (1749), zwei Speichern (1816, 1861), Scheune mit Remise (1859), Scheune (1863), Backhaus (1879) und Fachwerkkapelle (19. Jh.). 
    Kaffee und Kuchen wird auf der Diele serviert

    Der Besitzer (Antiquitätenhändler) hat Vieles zusammengesucht und präsentiert es auch der Öffentlichkeit – hier ein Wendebaum mit verschiedenen Kesselhaken.
    Der Wohngiebel des Bauernhauses
    Backhaus und Speicher
    Brunnen, datiert 1764
    ein zweiter Speicher
    in den beiden Scheunen werden zusammengetragene Altertümer ausgestellt
    die auf den Hof tranzlozierte Kapelle 
    Die Wasserburg Haus Nehlen. Das Herrenhaus ist 1631 gebaut.
    Zur Zeit finden umfangreiche Restaurierungsmaßnahmen statt.
    Entlastungsbogen im Turm
    das Eingangsportal im Trappenturm
    schwere Schäden - auch im Schloß
    Verfall hat doch etwas Romantisches
    13! Aborte gibt es im Schloss

    aufwendig gestaltete Decke mit Stuckornamenten
    "Kunstobjekt" Wendeltreppe 
    Das Schwanenpaar weiss schon …
    … daß der Frühling naht …

    1 Kommentar:

    1. Hallo Bernd,
      danke für den Tagungsbericht und die wunderbaren Fotos aus der Soester Börde - kaum zu glauben bei dem kalten und trüben Wetter...!
      Herzliche Grüße
      Heinrich

      AntwortenLöschen

    Schreiben Sie einen Kommentar zu unseren Beiträgen.
    Es ist immer spannend, zu erfahren, was unsere Leser denken und wer uns besucht. Wir würden uns freuen.

    Printfriendly