26. Mai 2016

Saint-Lizier und einige Bergdörfer in den Pyrenäen

Kirche St. Lizier in Saint-Lizier, im Hintergrund die schneebedeckten Gipfel der Hochpyrenäen. Ungewöhnlich ist der achteckige Vierungsturm aus Backstein aus dem 15. Jahrhundert.
Zunächst besuchen wir die alte, seit gallo-römischer Zeit (ca. 3.-6. Jh. n. Chr.) bestehende Bischofsstadt Saint-Lizier (das Bistum wurde 1802 aufgehoben). Nachmittags besichtigen wir mit unseren Freunden von MPF einige Bergdörfer in den Pyrenäen.
Häuser am Kirchplatz in Saint-Lizier. Das Fachwerkhaus (2. von links) stammt aus der Zeit um 1500.
Im Hôtel Dieu, einem früheren Waisenhaus von 1764 bei der Kirche, besichtigen wir eine vollständig erhaltene Apotheke aus der Bauzeit im 18. Jahrhundert.
Blick in den Chor der Kirche St. Lizier. Eine erste Weihe ist für 1127 überliefert; noch im 12. Jahrhundert wurde der Chor gewölbt. Das frühgotische Langhaus stammt aus dem 13. Jahrhundert, wurde aber erst im 14. und 15. Jahrhundert vollendet.
Romanischer Chor mit Fresken aus dem 12. Jahrhundert
Ein besonderer Höhepunkt ist der vollständig erhaltene Kreuzgang der Kirche St. Lizier. Die Arkaden sind abwechselnd mit Einzel- und Doppelsäulen mit prächtigen Kapitellen bestückt. 
Kapitell mit Darstellung des Sündenfalls (Adam und Eva mit der Schlange im Paradies, links der Teufel mit Pferdefuß)
Prächtige romanische Kapitelle aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts 
Der Kreuzgang entstand in zwei Bauphasen um 1150-80 und im frühen 13. Jahrhundert. Die offenen Galerien im Obergeschoss wurden im 14. Jahrhundert hinzugefügt.
Die Oberstadt von Saint-Lizier wird noch heute von einer gallo-römischen Mauer aus dem 3. Jahrhundert umschlossen. Hier besuchen wir die ehemalige Kathedrale des um 500 gegründeten und 1802 aufgehobenen Bistums. Der äußerlich schlichte Bau besitzt im Innern prächtige Wand- und Gewölbemalereien der Spätgotik aus dem späten 15. Jahrhundert.
Gewölbemalerei des späten 15. Jh. U. a. sind hier Sibyllen zu sehen, Seherinnen aus der griechischen Mythologie, die hier zu Prophetinnen der Geburt Christi umgedeutet worden sind. 
Unsere nette Führerin aus dem Tourismusbüro zeigt uns Reste von Wandmalereien hinter der barocken Vertäfelung des Chorgestühls aus dem späten 17. Jahrhundert. 
Beeindruckte Hausforscher im Chorgestühl... 
Verwitterte, von der Sonne gekrümmte Fensterläden in Saint-Lizier 
Mittagessen in der Auberge d' Antan - in einer umgebauten Scheune einer Burg bei Saint-Lizier. Hier gibt es endlich mal Dachgebälk zu sehen - und das Essen ist vorzüglich! 
Im Park des zugehörigen Hotels entdeckt Haio diese umgestürzte, hohle Eiche.  
Rest eines römischen Turmes an der Straße bei Saint-Lizier. Möglicherweise befand sich in der Nische ein Standbild des Merkur, des Gottes der Kaufleute und Händler - und der Reisenden.
Nachmittags besichtigen wir zwei Bergdörfer in den Pyrenäen. Im Dorf Balagué blieben mehrere traditionelle Bauernhäuser mit Steinaußenwänden, offenen Galerien aus Holz und Schieferdächern erhalten. Sie stehen ungenutzt leer und sind zu verkaufen - und warten auf einen Liebhaber... 
Holzgalerie am Obergeschoss mit gebogenen Kopfbändern
Ein anderer Hof in Balagué, der ebenfalls zum Verkauf steht, besitzt eine große Obergeschosslaube und einen offenen Giebel. Am Wohnhaus (rechts) ist über der Durchfahrt im Obergeschoss ein Backofen angebaut.  
Backofen im Obergeschoss. Das Gewölbe aus Bruchsteinen und Lehm liegt zu zwei Dritteln im Gebäudeinnern und ruht auf vorkragenden Balken mit Holzbohlen. Insgesamt entdecken wir 16 dieser nach außen vorkragenden Backöfen im Dorf.
In diesem verwunschen wirkenden, mit Rankrosen bewachsenen Haus wohnt Daniel. Er besitzt in seinem Haus und der zugehörigen Scheune eine riesige Sammlung von historischen Arbeitsgeräten - eine Art privates Museum und eine Fundgrube für volkskundlich Interessierte. Wir dürfen alles besichtigen und Daniel zeigt uns stolz seine gesammelten Schätze.
Vor dem Haus befindet sich ein alter Blasebalg einer Schmiede.
Ein Blick in die Küche...
Die alte Wohnküche des Hauses dient gleichzeitig als Schlafzimmer. Der Raum ist angefüllt mit Sammlungsstücken, Küchengerät und persönlichen Gegenständen.
Zimmermannsbeile in der Scheune 
Ein Blick in die Sammlung in der Scheune
Daniel, der Hausherr und Sammler
Auch der Dachboden der Scheune ist angefüllt mit Sammlungsgegenständen. 
Zum Schluss sitzen wir im Garten zusammen und tragen uns in Daniels Gästebuch ein.
Ein anderes Haus im Dorf - mit Brettergiebel, aber ohne Holzgalerien.
Am höchsten Punkt des Dorfes liegt die Kirche.
Auch dieser Hof besitzt eine wunderschöne Holzgalerie an der Scheune - und steht leer...
Gesamtansicht
Auf der Weiterfahrt werden wir von einer Kuhherde aufgehalten - Entschleunigung ist angesagt...
Im Nachbardorf Astien bietet sich uns ein ähnliches Bild: ein leerstehendes Bauernhaus mit Holzgalerien. Links auf der Obergeschoss-Galerie befindet sich der Backofen.
... aber auch alte Häuser, die umgebaut und bewohnt sind.
Eine Scheune mit weit vorkragendem Dach und offener Holzgalerie im Giebel
Gesamtansicht der Scheune, rechts das angebaute Wohnhaus
Nach einem spannenden Besichtigungstag nehmen wir Abschied von Paul Gerard und seinen Freunden von MPF. Heinz überreicht als Dankeschön einige Holznagel-Ausgaben und Hausforscher-Bücher.
Andrea, die uns drei Tage lang begleitet und viele Fachgespräche übersetzt hat, freut sich über ein Buch "Fachwerkhäuser in Deutschand". Wir sind ihr für ihre Unterstützung sehr dankbar.
Abends in unserem Quartier "La ferme de Lédre" gibt uns unsere nette Zimmerwirtin noch ein kleines Klavierkonzert mit einem Nocturne von Chopin - ein unerwarteter Kulturgenuss in den Bergen!
Fotos: Bernd, Texte: Heinrich

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