11. September 2016

Zwei Dörfer in Burgund und noch einmal Cluny

Die romanische Kirche in Chapaize wurde um 1030 bis 1050 als kleine Benediktinerabtei nach dem Vorbild von Cluny II erbaut.
Heute wollen wir noch einmal Cluny besuchen, die Abtei besichtigen und sehen, was von der "großen Kirche" übrig geblieben ist... Auf dem Weg dorthin fahren wir durch die wunderschöne, parkartige Landschaft von Burgund und besuchen die Dörfer Chapaize und Lys bei Chissey-lès-Mâcon, unweit von Taizé.
Zunächst kommen wir nach Chapaize: Das kleine Dorf besitzt eine bedeutende frühromanische Kirche, die um 1030 bis 1050 von Benediktinermönchen aus Chalon erbaut wurde. Die dreischiffige Basilika mit schweren Rundpfeilern, Längstonnengewölbe und einem sehr hohen Vierungsturm entstand nach dem Vorbild der Abteikirche Cluny II - und gibt eine Vorstellung davon, wie diese längst verschwundene größere Kirche ausgesehen haben könnnte.

Westportal mit eisenbeschlagenen Türen (die originalen, romanischen Türflügel befinden sich heute in der Kirche).
Das Innere der Kirche von Chapaize wird durch die klobigen Rundpfeiler geprägt. Das Längstonnengewölbe musste um 1150, also gut 100 Jahre nach dem Bau, erneuert werden - weil es die Längswände auseinanderdrückte und einzustürzen drohte (das Gleiche war in Cluny 1125 passiert). Das erneuerte Gewölbe erhielt die Form einer Spitzbogentonne.
In der Gaststätte "Le Saint Martin" gegenüber der Kirche...
... die morgens noch nicht geöffnet war...
...bekommen wir netterweise trotzdem einen Kaffee.
Bei einem anschließenden Rundgang durch das Dorf Chapaize lernen wir die ländliche Bauweise in Burgund näher kennen: Bruchsteinhäuser und langgestreckte Hofanlagen, gedeckt mit rechteckigen Flachziegeln.
Burgundische Hofanlage in Chapaize im beginnenden Verfall...
Das Waschhaus in Chapaize...
... mit einem interessanten Pfettendach.
Auf unserem weiteren Weg in Richtung Cluny machen wir spontan Halt in dem Dorf Lys bei Chissey-lès-Mâcon, wo eine kleine romanische Kirche und eine runde Turmruine in der Wiese unsere Neugier geweckt haben.

Auch in Lys gibt es ein gut erhaltenes Waschhaus. In dem idyllischen Dorf haben sich mehrere Künstler angesiedelt, die hier in alten Bauernhöfen Ateliers eingerichtet haben.

Die Kirche Notre Dame in Lys ist ein kleiner und schlichter, aber nicht weniger interessanter romanischer Saalbau mit einer halbrunden Apsis im Osten. Das einschiffige Langhaus ist nicht gewölbt, sondern besitzt einen offenen Dachstuhl. Die Pfettenkonstruktion ist sorgfältig gezimmert und stammt möglicherweise noch aus der Bauzeit im 13. Jahrhundert.
Die Malerei im Apsisgewölbe zeigt Christus in der Mandorla.
Ansicht der Apsis der Kirche. Über dem Chorjoch davor erhebt sich ein Vierungsturm - wie bei der größeren Kirche in Chapaize und dem großen Vorbild Cluny.
Scheunentor eines Bauernhofes in Lys. Zwei Steinplatten über dem Tor bilden einen Winkelsturz zur Entlastung des eigentlichen Torsturzes.
Auch in Lys gibt es viele leerstehende Häuser - eine Idylle des beginnenden Verfalls.
Am frühen Nachmittag erreichen wir Cluny. Ein Lebensmittelhändler hat Bresse-Hühner im Angebot.
Erhard und Haio erkundigen sich nach Käse - den sie wegen der Wärme (28,5 Grad C) dann aber doch nicht mitnehmen.
Cluny ist berühmt für seine mittelalterlichen Häuser: Als Auftakt sehen wir diese Apotheke in einem spätgotischen Haus der Zeit um 1500 - eines der jüngeren in Cluny...
Links ein romanisches Haus aus der Zeit um 1150 bis 1180 mit einer Rundbogen-Arkadenreihe im 2. Obergeschoss. Das Eckhaus rechts daneben ist anscheinend etwas jünger, das zweite Obergeschoss wurde um 1500 in Fachwerk erneuert.
Haio kommt schwer bepackt, aber glücklich aus dem Bücherladen der Abtei Cluny.
Wir besuchen die Ruinen der großen Abteikirche von Cluny. Die Kirche wurde nach der französischen Revolution im19. Jahrhundert abgerissen. Von den großen Pfeilern des 30 m hohen Mittelschiffs sind nur noch die ausgegrabenen Sockel vorhanden.
Einige erhaltene Kapitelle und Reliefplatten sind in der Abtei ausgestellt und zeigen die hohe Qualität der Bauplastik von Cluny III. 
Modell der Abteikirche Cluny III, erbaut 1088 bis 1130. Bis zum Neubau des Petersdoms in Rom war sie die größte Kirche der Christenheit. Nach dem Abriss im frühen 19. Jahrhundert blieben nur die Stümpfe der beiden Westtürme und das südliche Querhaus mit einem seitlichen Vierungsturm erhalten
Das erhaltene Südquerhaus von Cluny III mit dem "Weihwasserturm" (Clocher de'l Eau Benite) und dem Uhrenturm (rechts).
Im Innern des Südquerhauses wird die ungeheure Größe dieser Kirche deutlich - die Gewölbe im Hauptschiff waren 30 Meter hoch. Blick auf den heute vermauerten Bogen zur abgebrochenen Vierung.
Die spätgotische Kapelle des Abtes Jean de Bourbon wurde um 1460 an die große Klosterkirche angebaut. 
Wir sind nicht die einzigen Besucher....

In dieser Kapelle gibt es eindrucksvolle Sockelfiguren - die Skulpturen von Heiligen darüber sind nicht mehr erhalten
Blick in den Kreuzgang der nach 1750 barock erneuerten Abteigebäude.
Blütenpracht im Garten der barocken Abtei, im Hintergrund die erhaltenen Türme der Kirche. 
Zu den erhaltenen mittelalterlichen Gebäuden von Cluny gehören der "Farinier" (Getreidespeicher) und der mächtige Mühlenturm im Hintergrund.
Hier gibt es noch einen besonderen Leckerbissen für Hausforscher: Der Farinier besitzt ein qualitätvoll gezimmertes, tonnenförmiges Dachwerk aus der Zeit um 1295 (d). In dem früheren Speicher sind Säulen und Kapitelle aus dem abgerissenen Chor der Abteikirche ausgestellt.
Auch dieser Tag geht stilvoll zu Ende: Unweit Cluny, im Weinbaugebiet Mâconnais, liegt das Chateau d'Ige, eine kleine Burganlage des 13. Jahrhunderts, in der sich heute ein gepflegtes Hotel mit Restaurant befindet. Hier wollen wir zu Abend essen.
Der Eingang des Chateau d'Igé wird von zwei mächtigen Rundtürmen flankiert.
In dem romantischen Park der Burg entdecken wir diese romanische (?) Säulenbasis, die von Drachen getragen wird.
Auch das Innere der Burg ist sehenswert: Hier ein Saal mit einem gotischen Kamin.
Ein Gruß aus der Küche - Erhard und Haio lassen es sich schmecken.
Zum Abschluss gibt es Ziegenkäse, kunstvoll arrangiert.
Morgen beginnt die Rückreise – die gute französische Küche wird uns fehlen...

Fotos: Bernd Kunze; Texte: Heinrich Stiewe

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