1. März 1992

Scheunen und Speicher - Nebengebäude zur Erntelagerung

Die Teilnehmer des Treffens der Haus- und Gefügeforscher der 1GB; 28. und 29. Februar 1992 in Lingen. Foto: Reinhard Seevers
3. Treffen in Lingen/Ems (Niedersachsen) am 28. und 29. 2. 1992.

Tagungsort: Emslandmuseum.
Organisation: Dr. Andreas Eiynck: (Emslandmuseum Lingen). 
Thema: Scheunen und Speicher - Nebengebäude zur Erntelagerung. 
38 Teilnehmer. 
Exkursion: Emsland und Grafschaft Bentheim. 
Exkursionsleitung: Dr. Dietrich Maschmeyer (IGB Emsland).
Haus- und Gefügeforscher der 1GB in Lingen 
von Dr. Wolfgang Dörfler, IGB Rotenburg-Harburg 

Am 28. und 29. 2. 1992 trafen sich die Freunde von der Holzbohr- und Aufmaßfraktion zum dritten Mal. Eingeladen hatte Andreas Eiynck vom Emslandmuseum Lingen/Ems. Für die Rundfahrt waren Erhard Preßler und Dieter Maschmeyer von der 1GB im Emsland zuständig. Es wurde - bestimmt nicht nur für mich - ein selten informatives und kurzweiliges Wochenende. 38 Hausforscher, überwiegend aus den Reihen der IGB, bildeten den noch überschaubaren und daher besonders intensiv miteinander redenden Teilnehmerkreis. Es ist erstaunlich, welche freundschaftlichen Kontakte sich nach diesen wenigen Treffen bereits ergeben haben. 
Andreas Eiynck hatte für den Sonnabendvormittag einen Stadtrundgang angeboten, an dem viele Teilnehmer aber wegen der langen Anreisewege noch nicht teilnehmen konnten.
Die Tagung selbst fand im großen Saal des Lingener Professorenhauses statt. Dieses in Mitten der Altstadt gelegene Gebäude war ein sehr gut passender Rahmen für unser Thema. Andreas Eiynck, seine Mitarbeiter und der Stadt Lingen seien für die Durchführung und die gute Organisation des Treffens bedankt!
Im Referatteil sollte über „Scheunen und Speicher - Nebengebäude zur Erntelagerung” berichtet werden. Die neun Referate zeichneten sich durch Qualität und Konzentration auf das gestellte Thema aus. 

Die Vorträge
  • P. Barthold: Speicher und Backhäuser im Vest Recklinghausen
  • U. v. Dameros: Scheunen im Schaumburger Land (Kurzf.)
  • Dr. W. Dörfler: Quererschlossene Scheunen im Landkreis Rotenburg (Kurzf.)
  • Dr. A. Eiynck: Ländliche Steinwerke im Osnabrücker Land (Kurzf.)
  • Dr. V. Gläntzer: Artländer Speicher - eine Skizze (Kurzf.)
  • Dr. U. Klages: Scheunen, Speicherscheunen (Kurzf.)
  • E. Pressler: Scheunen im Emsland
  • H. Stiewe: Speicher, Backs und Burg – spätmittelalterliche Steinspeicher in Lippe (K)
  • H. J. Turner: Einraumscheunen und Mäusepfeilerspeicher im Raum Rotenburg/Wümme und Verden
  • K. Vonholdt: Speicher im Raum Hoya (Kurzf.)
Die urtümlichen Scheunen des Emslandes mit ihren aufsehenerregenden dendrochronologischen Daten von Erhard Preßler und die spektakulären Einraumscheunen sowie die Mäusepfeilerscheunen aus dem Verdener Bereich, die Hans Joachim Turner vorstellte, haben auf mich den größten Eindruck hinterlasen. Trotz Zeitüberschreitung durch einzelne Referenten konnte dieser Teil der Veranstaltung mit tollerabler Verspätung beendet werden. Beim anschließenden gemeinsamen Abendessen im historischen Kivelingshaus am Marktplatz kamen viele intensive Gespräche und sogar einzelne Verabredungen zur Mitarbeit bei anstehenden Projekten (z. B. dem großen Band über Gerhard Eitzens Niedersachsen betreffende Veröffentlichungen durch das Museum Hösseringen) zustande.
Auch über das Thema und den Ort des Nachfolgetreffens konnten wir uns bereits einigen. Im nächsten Jahr werden wir Gäste von Rolf Wiese im Freilichtmuseum am Kiekeberg sein und über „Kieinbauernhäuser, ländliche Handwerkerhäuser und Häuslingshäuser” verhandeln. 

Die Exkursion
Am Sonntag nahm die Gruppe nahezu geschlossen an der Busrundfahrt teil, die durch ausgesprochen schönes sonniges Wetter begünstigt wurde. Auch die Jahreszeit erwies sich als günstig, da die fehlende Belaubung den Blick auf viele im Sommer verborgene Gebäude freigab.  
Die Führung übernahm Dietrich Maschmeyer, der mit nur noch als enzyklopädisch zu bezeichnendem Wissen uns in den geographischen Aufbau, die Agrargeschichte, die alten Grenzverläufe und die Baugeschichte der Profan- wie auch der Sakralbauten des Emslandes einwies. Kommentar eines Teilnehmers: Der weiß alles, wenn du ihn fragst, was das für ein Wurm ist, sagt er dir auch gleich noch den lateinischen und griechischen Namen dafür.
Die Häuser aufzuzählen, die wir zu besichtigen bekamen, ginge zu weit. Alle Teilnehmer waren rundweg begeistert von der Auswahl und der bauhistorischen Qualität der Objekte. Daß darunter viele „Sorgenkinder der Denkmalpflege” (vielleicht weniger der Denkmalpflege selber, aber sicher unserer engagierten Freunde aus dem Emsland) waren, sei nicht verschwiegen. Uns wurde jedenfalls ein reicher Schatz an erhaltener und zu bewahrender historischer Bausubstanz gezeigt, der nicht besser hätte dargeboten werden können. 
Daß aber nicht nur die Forschung mit Perfektion betrieben wird, sondern im Emsland auch praktische Bewahrung in ungewöhnlichem Umfang stattfindet, zeigte uns ein Rundgang über den gut ausgerüsteten Bauhof von Erhard Preßler und Dieter Maschmeyer. Hier liegen ca. 50 Fachwerkgebäude eingelagert, viele davon mit schon reparierten und ergänzten Gefügeteilen sozusagen „richtfertig” eingelagert. Wir konnten uns am Beispiel einer ausgelegten alten Saalkammer von dem hohen Qualitätsstandard überzeugen, mit dem die Holzarbeiten dort ausgeführt werden. Über die Fragen: Handsägen, Beilen und Dechseln („Hacken”, wie der Platzmeister es nannte) wurde intensiv diskutiert, ebenso über die Zukunftsaussichten des Bauhofes, nachdem der Plan zum geschlossenen Wiederaufbau dieser Gebäude in Form eines Ensembles gescheitert zu sein scheint.
Mit nur geringfügiger Verspätung trafen wir müde aber bis zum Rand voller neuer Eindrücke gegen 18.00 Uhr am Lingener Hauptbahnhof ein.

Um die Referate nicht untergehen zu lassen und sie einer breiteren Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, haben fast alle Vortragende eine Kurzfassung ihres Berichtes bereits abgegeben, die der Vorstand der 1GB zu vervielfältigen angeboten hat und die über Kurt Brünjes, 1GB e. V., Postfach 1251, 2804 Lilienthal 1, zu beziehen sein werden. Ob es in Zukunft zu einem eigenen 1GB-Publikationsband „Beiträge zur ländlichen Hausforschung in Nordwestdeutschland” kommen wird, wird sich in den nächsten Monaten entscheiden. 
Es wurde weiter besprochen, den ohnehin guten Kontakt zum „Arbeitskreis für Hausforschung” auszubauen, so daß auf keinen Fall der Eindruck eines Konkurrenzunternehmens entsteht. Da die meisten der Teilnehmer ohnehin in beiden Vereinen Mitglied sind, ist es sicher sinnvoll, u. a. auch als eine Art nordwestdeutscher Regionalgruppe des Arbeitskreises zu fungieren.
ln jedem Fall ist durch dieses erneute Treffen der Hausforschung und den Hausforschern aber auch der IGB selbst - wie ich denke - ein guter Dienst erwiesen worden.

Die Kurzfassungen der Aufsätze dieser Tagung wurden kopiert und gebunden von der IGB herausgegeben. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Schreiben Sie einen Kommentar zu unseren Beiträgen.
Es ist immer spannend, zu erfahren, was unsere Leser denken und wer uns besucht. Wir würden uns freuen.

Printfriendly