17. Mai 1993

Kleinbauernhäuser, Häuslingshäuser und Wohnhäuser der armen Leute auf dem Lande

Bei der Tagung vom 15. und 16. Mai im Freilichtmuseum des Landkreises Harburg, am Kiekeberg, ging es um Kleinstbauernhäuser. Die Busexkursion führte zu vielen interessanten Beispielen. Die Teilnehmer krochen um und in die kleinen Anwesen. Jedes Detail wurde gründlich unter die Lupe genommen.   
Viele kleine Anwesen waren mit Besitzerstolz gut instandgehalten, Gott sei Dank ohne nostalgische Ausrutscher.
4. Treffen am Kiekeberg (Niedersachsen) am 15. und 16. 5. 1993.
Tagungsort: Handwerkerstraße des Freilichtmuseums.
Organisation: Dr. Rolf Wiese (Freilichtmuseum am Kiekeberg).
Thema: Kleinbauernhäuser, Häuslingshäuser und Wohnhäuser der armen Leute auf dem Lande.
50 Teilnehmer.
Exkursion: Landkreis Harburg.
Exkursionsleitung: Dr. Ulrich Klages und Dr. Rolf Wiese.
Hoppenplücker und Proppensnieder 
von Wolfgang Dörfler, IGB im Landkreis Rotenburg und Harburg 

Am 15. und 16. Mai war unser norddeutscher Arbeitskreis Gast von Rolf Wiese im Freilichtmuseum des Landkreises Harburg am Kiekeberg. Als Vortragsraum diente ein Teil der „Ladenstraße” in der Landtechnischen Ausstellung des Museums. So zwischen einer Landschlachterei, dem Bäcker- und dem Hökerladen sitzend kam auch schon einfach wegen der anregenden Umgebung keine Langeweile auf, und wir hatten Gelegenheit, die gute Inszenierung der alten Läden in Ruhe zu genießen. 
Ein langes Programm war zu absolvieren. 14 Vorträge wurden unter weitgehender Einhaltung der vorgegebenen Zeit gehalten. Neben überblickartiger Vorstellung der Kleinbauernhäuser ganzer Regionen (Altmark, Twente, Bentheim) standen detaillierte Untersuchungen einzelner Gebäude oder vergleichbarer Häuser eines Dorfes. Auch Ergebnisse der Archivforschung wurden bei dieser Tagung - mehr noch als in der Vergangenheit - präsentiert. 
Es fällt schwer, einzelne Vorträge herauszuheben. Mit den von H. Bock vorgetragenen Inventaren, den sehr altertümlichen Häusern der Heide und des Flottwedels, die von U. Klages vorgestellt wurden und den Hirtenkaten Westmecklenburg - von H. Gawlick vorgetragen -, wurde eine Reihe neuer Ergebnisse aus noch nicht publizierten Arbeiten vorgestellt. J. Kleinmanns konnte zu seinem Vortrag den druckfrischen und am Vorabend in ‚kleiner Anzahl extra gehefteten Band über das ins Detmolder Museum translozierte Tagelöhnerhaus aus Rösebeck verteilen. Die Aufmaßzeichnungen von H. Stieve und diejenigen (z. T. seit mehr als 15 Jahren nicht veröffentlichten) von D. Maschmeyer erregten auch bei dieser Tagung wieder allgemeine Bewunderung. 
ln der Pause war noch Zeit zu einer (leider zu kurzen) Museumsbesichtigung, wobei vor Ort eine intensive Diskussion um die beiden zuletzt wiederaufgebauten Häuser des Museums geführt wurde. 
Besonders die im Vortrag von Gunhild Ruben aufgeworfenen Fragen, wie denn nun das Wirtschaften in einem „Bauernhaus mit Stall und Scheune ohne Tor” ausgesehen haben mag, gab Anlaß, das Thema für das nächste Treffen zu formulieren. Rolf Wiese schlug vor, das Wirtschaften in den alten Bauerhäusern und Nebengebäuden zum Thema der 1994erTagung zu machen. Welche Spuren hat die Aufstallung des Viehs hinterlassen? Wieviel Tiere hatten welchen Raum zur Verfügung? Wie und wie oft wurde ausgemistet? Wie wurde gemolken? Wann änderte sich die Aufstallung? Wo standen die Kühe in den queraufgeschlossenen „mitteldeutschen” Häusern? Wo wurde welches Erntegut gelagert? Welches Vieh stand in welchen Ställen? Wozu dienten welche Räume im Haus? Diese und weitere Fragen sollten an Baubefunden und auf Grund archivalischer Quellen bearbeitet, den Schwerpunkt der nächsten Tagung bilden. 
Als Gastgeber konnten wir Henry Gawlick gewinnen, der uns im Museum von Hagenow/ Mecklenburg-Vorpommern am 13. und 14. März 1994 den notwendigen Tagungsraum besorgen und sich um die Organisation und die Rundfahrt kümmern wird. 

Die diesjährige Sonntagsrundfahrt hatten Ulrich Klages und Rolf Wiese vorbereitet. Wir sahen direkt zum Thema eine Vielzahl von Kleinbauernhäusern. Vor allem mehrere noch ohne Wohnnutzung verbliebene oder sogar noch traditionell bewirtschaftete Häuser haben bei allen Teilnehmern einen starken Eindruck hinterlassen. Intensiver noch als das beste Museum läßt sich dort, wo alles seinen Platz und seinen Sinn hat, über das Wirtschaften und Leben in den alten Geestbauernhäusern nachdenken und nachforschen. 

Unser kleiner Arbeitskreis, bei dem fast jeder zweite Teilnehmer mit einem eigenen Referat vertreten war, hat sich als Ort des Austausches neuer Ergebnisse, aber auch als Anregung zur Durchführung weiterer eigener Untersuchungen wieder einmal als sehr nützlich erwiesen. Sein Fortbestand als Arbeitsgemeinschaft in der 1GB und als Regionaltreffen des Arbeitskreises für Hausforschung scheint somit gesichert. Einzelne Ergebnisse der bisherigen Treffen werden im nächsten Jahr wahrscheinlich in einem Band der Berichte zur Haus- und Bauforschung publiziert werden können. 
Die Manuskripte dafür sind bei 12 Heinrich Stieve, lstruper Str. 31 in 4933 Biomberg (neu 32791 Lage) einzureichen. Bis dahin können wir nur auf die in der folgenden Liste der Referate mit einem Stern gekennzeichneten Kurzfassungen verweisen, die beim Museum am Kiekeberg noch als Fotokopien angefordert werden können. 

Die Vorträge
  • H. Bock: Aussagen von Inventarverzeichnissen zur Wohnweise von Kleinbauern in der Altmark im 17./18. Jh. (Berichte 1997) 
  • U. v. Damaros: Kleinstbauernhäuser in Schaumburg (Kurzf.) 
  • Dr. W. Dörfler: Sechs kleine Zweiständerhäuser aus Hesedorf b. Gyhum (Kurzf. und Rotenburger Schriften 80/81, 1994) 
  • P. Fischer: Bauen und Wohnen der kleinen Leute in der Altmark im 18. und 19. Jahrhundert (Kurzf.) 
  • H. Gawlick: Der Hirtenkaten im Dominalbauerndorf Westmecklenburgs um 1750 - 1850 (Kurzf. und Berichte 1997) 
  • K. Hose: Häuslings- und Altenteilerwohnhaus von 1840 in Vierständer bauweise Jabel Nr. 4, Ldkrs. Lüchow-Dannenberg (Kurzf.) 
  • E. Jans: Kötner- und Arbeiterhäuser in der Grenzlandschaft Twente (Kurzf.) 
  • Dr. U. Klages: Kötnerhäuser in der nördlichen Lüneburger Heide (Kurzf.) 
  • D. Klages (vorgetragen von U. Klages): Das Phänomen der alten Kötnerhäuser im Flottwedel 
  • J. Kleinmanns: Zwei Tagelöhnerhäuser des 19. Jahrhunderts aus dem Kreis Höxter 
  • Dr. H. Löbert: "Heuerlinge und Korkschnuder" - ein Beispiel aus der Delmenhorster Geest: Das "Rauchhaus" in Varrel I, Gemeinde Stuhr (Kurzf.) 
  • Dr. D. Maschmeyer: Leibzuchten, Heuerhäuser und Kotten in der Grafschaft Bentheim (Kurzf.) 
  • G. Ruben: Das "Bauernhaus mit Stall und Scheune ohne Tor" im Braunschweiger Umland (Kurzf.) 
  • H. Stieve: Klein- und Straßenkötter, "Hoppenplöcker", Einlieger (Kurzf.)
Auch von der Vorjahrestagung in Lingen zum Thema Scheunen und andere Nebengebäude zur Erntebergung sind noch einzelne Exemplare der Kurzfassungen im Kiekeberg-Museum erhältlich.  

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