24. März 2003

Grenzen (in) der Hausforschung?

Fächerrosette an einem Wolfenbütteler Haus
14. Tagung der AG Haus- und Gefügeforschung in Wolfenbüttel

Heinrich Stiewe

Die Frage nach der regionalen Verbreitung und den Grenzen bestimmter Erscheinungen im Hausbau und der Abgrenzung von "Hauslandschaften" beschäftigt die Hausforschung seit ihren Anfängen im 19. Jahrhundert und ist bis heute aktuell. Das Gebiet um Braunschweig und Wolfenbüttel, an der Grenze zwischen niederdeutschem Hallenhaus und mitteldeutschen Hausformen gelegen, bot sich daher an für eine vertiefende Diskussion des Themas "Begriff der Grenze in der historischen Hausforschung", das sich die 14. Tagung der Arbeitsgemeinschaft für Haus- und Gefügeforschung in der IGB (zugleich Regionalgruppe des Arbeitskreises für Hausforschung) gestellt hatte.

Schon am Freitag (21. März) waren knapp 50 Teilnehmer nach Wolfenbüttel gekommen, um in angebotenen Führungen die weltberühmte Herzog-August-Bibliothek und die ehemalige welfische Residenzstadt kennen zu lernen. Besonders beeindruckte der – trotz einiger bedauerlicher Totalsanierungen der 70er Jahre – geschlossen erhaltene Baubestand der Stadt mit Fachwerkbauten des 17. und 18. Jahrhunderts, unter denen die aufwendigen Hofbeamtenhäuser mit mehrgeschossigen Erkern und Zwerchgiebeln herausragen.

1527 wurde die „Bibliotheca Augusta” mit der größten Büchersammlung des Abendlandes (ca. 800.000 Bücher) gegründet … 
Darunter ca.12.000 kostbare Handschriften des Mittelalters, ca. 5.000 Wiegendrucke aus der Frühzeit des Buchdrucks, und ca. 5.000 alte Landkarten und Globen. Hier liegt auch das teuerste Buch der Welt, das Evangeliar Heinrichs des Löwen.
Mittelpunkt der Stadt ist auch heute noch das alte Welfenschloß, ein Fachwerkbau. 


Der Idyllischste Fleck Wolfenbüttels, „Klein Venedig”, Rest eines Grachtensystems aus dem 16. Jh.
Fachwerkhäuser in der Wolfenbütteler Altstadt



Die 1989 zur "Bundesakademie für kulturelle Bildung" umgebaute "Schünemannsche Mühle", ein Backsteinbau aus der Zeit um 1875, bildete den passenden Rahmen für das umfangreiche Programm mit 17 Vorträgen am Samstag (22. März).

„Bundesakademie für kulturelle Bildung” 
Gunhild Ruben als Mitorganisatorin des Hausforschertreffens eröffnet die Vortragsreihe mit einem Bericht zur Hauslandschaft in der Region Braunschweig-Wolfenbüttel. 

Nach der Begrüßung der 105 Teilnehmer durch Gastgeber Stefan Haar (IGB Südost-Niedersachsen) und Andreas Grünewald (Bundesakademie Wolfenbüttel) begann die erste Sektion "Zwischen Hallenhaus und Ernhaus", die in das Tagungsthema "Grenze" und die Tagungsregion Braunschweig-Wolfenbüttel gleichermaßen einführte.
  • Prof. Wolfgang Meibeyer (TU Braunschweig) betrachtete die Region aus siedlungsgeographischer Sicht und machte deutlich, dass das auffällige Zusammenfallen der südlichen Hallenhausgrenze mit der Nordgrenze des fruchtbaren Lößbodens nur in diesem Gebiet zu beobachten ist – in westlicher (Westfalen) und östlicher Richtung (Mitteldeutschland) streben die beiden Grenzen diametral auseinander. Dieser Blick über den regionalen "Tellerrand" mahnte gleich zu Beginn der Tagung zur Vorsicht bei Schlussfolgerungen in Bezug auf angebliche Kausalzusammenhänge zwischen Hausformen, naturräumlichen Gegebenheiten und Wirtschaftsweisen.
  • Unter der Bezeichnung "Erkeröder Typ" stellte Bezirkskonservator Günter Jung (Braunschweig) eine Hausform des Braunschweiger Landes vor, die sich durch eine oft aufwendige, erkerartige Gestaltung der Stubenzone in stöckiger Verzimmerung auszeichnet. Dabei suggeriert der kurz nach 1900 von Paul Jonas Meier geprägte Begriff einen eigenständigen regionalen Haustyp, doch handelt es sich letzlich nur um eine relativ häufige Variante des üblichen queraufgeschlossenen mitteldeutschen Hauses. Die ältesten Beispiele stammen aus dem 17. Jahrhundert und zeigen deutliche Parallelen zum traufständigen städtischen Hausbau Südost-Niedersachsens. Hervorgehobene "Stubenerker" oder Ausluchten gibt es aber auch in anderen Regionen – ohne dass dafür ein eigener Haustyp definiert worden wäre. Als überregionale Besonderheit gilt dagegen die in der Literatur (H.-G. Griep u.a.) als "solare Ausrichtung" bezeichnete überwiegende Ost-West-Orientierung der Häuser (mit der Hauptfassade nach Süden), die auch auf der Exkursion am folgenden Tag beobachtet werden konnte – hierzu wären grundlegende Untersuchungen, etwa anhand von Urkatasterkarten, wünschenswert. 
  • Gunnhild Ruben (IGB Südost-Niedersachsen) berichtete über die "Wirtschaftsdiele ohne Tor", ein Merkmal vieler mitteldeutscher Häuser im braunschweigischen Grenzgebiet zum Hallenhaus – schon Willi Pessler notierte hier 1906 den Unterschied zwischen einer befahrbaren "schündeel" (Scheunendiele) und einer nicht befahrbaren "döschdeel" (Dreschdiele). Zur Nutzung des torlosen Dielenraumes sind noch viele Fragen offen; Bauverordnungen führten schon um 1750 zur Einführung geschlossener Küchen mit massiven Feuermauern und Schornstein. 
  • Dem mitteldeutschen Haus ähnlich ist das Querdielenhaus, das am südöstlichen Rand des Hallenhausgebietes besonders häufig vorkommt; Sabine Wyrwoll und Claudia Klement stellten Beispiele des 19. Jahrhunderts aus dem Landkreis Gifhorn vor.

Einen methodischen und forschungsgeschichtlichen Schwerpunkt bildeten die vier Vorträge der folgenden, höchst anregenden Sektion: 
"’Hauslandschaften’? – Kulturräume und -grenzen in der Hausforschung".
  • Klaus Freckmann (Freilichtmuseum Sobernheim) berichtete über die ab 1920 am Institut für rheinische Landeskunde in Bonn entwickelte Methode der Kulturraumforschung, die die Verbreitung kultureller Erscheinungen kartographisch darzustellen und zu erklären versucht. Dieser Ansatz war zu seiner Zeit sehr innovativ und überwand die ältere "stammesgeschichtliche" Forschung, die glaubte, anhand der Verbreitung sprachlicher und kultureller Phänomene wie etwa des "altsächsischen Bauernhauses" (W. Pessler 1906) die Wohngebiete germanischer Stämme rekonstruieren zu können. Nach 1933 dienten sich allerdings namhafte Vertreter der rheinischen Kulturraumforschung dem NS-Regime an, indem sie im Rahmen der offiziösen "Westforschung" bereitwillig historische Argumente für eine Westexpansion Deutschlands lieferten. Trotz dieser Irrwege sprach sich Freckmann gegen ein allgemeines Verdikt über die Kulturraumforschung aus, indem er auf ihre wichtigen Anregungen etwa für die Hausforschung (Josef Schepers) und die moderne französische Sozialgeschichte der "Annales" und "nouvelle histoire" (Fernand Braudel u.a.) verwies, die nach dem Zweiten Weltkrieg wichtige "humangeographisch-historische" Studien von europäischer Reichweite vorlegte. Nicht zuletzt stellte Freckmann eigene, zeitlich differenzierte Kartierungen baulicher Phänomene vor, die er für den Geschichtlichen Atlas des Rheinlandes erstellt hat. 
  • Auch Thomas Spohn (Westfälisches Amt für Denkmalpflege, Münster) gab einen Überblick über Geschichte und Grenzen der Kulturraumforschung und verwies auf die wichtigen Arbeiten etwa von Josef Schepers zum nordwestdeutschen Bauernhaus oder von Günter Wiegelmann u.a. zum "täglichen Brot" im Rahmen des "Atlas der deutschen Volkskunde" (ADV). Spohns eigene Kartierungen ländlicher Bauformen im Süden Westfalens zeigten ein verwirrendes Geflecht von sich ständig wandelnden Elementen, die einmal mehr verdeutlichten: Nicht statische Verhältnisse oder schwer bestimmbare "Kulturströmungen", sondern die Veränderungen der baukulturellen Erscheinungen gilt es zu kartieren, wenn man dem vergangenen Leben der Menschen näher kommen will.
  • "Landesgeschichtliche und kulturhistorische Aspekte von Grenzen" waren das Thema des folgenden Vortrages von Wolfgang Dörfler: Während Personenverbandsstaat und Streubesitz im Mittelalter noch keine lineare Trennung von Territorien erforderten, bildeten sich seit dem 16. Jahrhundert allmählich feste Landesgrenzen heraus. Dennoch gab es noch bis um 1800 "strittige Gebiete", deren Zugehörigkeit nicht geklärt war – etwa im Verlauf der von Dörfler selbst untersuchten Grenze zwischen den alten Bistümern Bremen und Verden. Am Beispiel von Landes-, Ämter- und Kirchspielgrenzen zeigte er die trennende, aber auch verbindende Funktion von künstlichen und natürlichen Grenzen auf. Die letztliche Unmöglichkeit einer exakten kartographischen Fixierung von Grenzlinien verdeutlichte Dörfler schließlich augenzwinkernd anhand des "Apfelmännchens", jenes nicht definierbaren, sich ständig selbst generierenden fraktalen Gebildes der Chaos-Theorie.
  • Einen weiterführenden Ansatz zur Kartierung und Interpretation der Verbreitung von ländlichen Bauformen präsentierte Volker Gläntzer (Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege) am Beispiel seiner Inventarisation des Landkreises Osnabrück: Anstelle von statischen Verbreitungsbildern gelang es ihm, dynamische Entwicklungsprozesse zu zeigen, indem er etwa durch die Kartierung des ersten Auftretens von Vierständer- und Massivbau in mehreren Zeitschichten die unterschiedlichen Formen und Intensitäten der Verbreitung anschaulich werden ließ. Mit differenzierten Überlegungen zu "Ausbreitungs-, Entwicklungs- und Vergleichsräumen" unter Berücksichtigung von regionalen Baukonjunkturen und Zeitschichten lenkte Gläntzer den Blick weg von der vordergründigen Kartierung von Einzelformen auf "schlafende Kulturgrenzen" und "Grenzen kulturellen Verhaltens".

Die Vorträge des Nachmittags 
boten regionale Beispiele und Einzelbefunde – nicht immer mit Bezug zum Thema "Grenzen": 
  • Knut Hose berichtete über die einheitliche Giebelgestaltung der Bauernhäuser des Amtes Lüchow im Hannoverschen Wendland, die deutliche Einflüsse aus der südlich angrenzenden Altmark erkennen lässt und sich um 1790 schlagartig wandelte. Ob diese zeitliche "Grenze" auf obrigkeitliche Einflussnahme zurückzuführen ist, musste letztlich mangels schriftlicher Quellen offen bleiben. 
  • Die Entwicklung regelmäßiger Dreiseithofanlagen infolge der Agrarreformen des frühen 19. Jahrhunderts zeigte Helmut Flohr an mehreren Beispielen aus dem Raum Hannover/Hildesheim. 
  • In einem großräumigen Überblick von den südlichen Niederlanden über den Niederrhein und den westfälischen Hellweg bis zum Braunschweiger Land versuchte Dietrich Maschmeyer (Bundesvorsitzender der IGB) Licht in die "bis jetzt kaum verstandene Formenvielfalt" am südlichen Rand des Hallenhausgebietes zu bringen. Anhand dreischiffiger Häuser mit Queraufschluss und Rinderlaufställen im Mittelschiff (Flandern und südliche Niederlande) zeigte er, dass dem Hallenhaus vergleichbare Gefügeformen nicht zwangsläufig gleiche Nutzungsstrukturen zur Folge haben müssen. Auch hohe, ursprünglich deckenlose Rauchküchen seien sowohl in niederdeutschen als auch in mitteldeutschen Hausformen anzutreffen und in ihrer Genese nicht hinreichend untersucht. Mit seiner etwas plakativen Unterscheidung zwischen einer "archäologischen", ausschließlich auf den Boden und den Grundriss gerichteten Sichtweise und einer "architektonischen", primär am aufgehenden Bau orientierten Betrachtung der Hausforschung forderte Maschmeyer schließlich Widerspruch von archäologischer Seite heraus.
  • Christine Scheer schilderte sehr anschaulich die Vielfalt ländlicher Bauformen in Dithmarschen, der Wilstermarsch und angrenzenden Geestgebieten, wo Hallenhaus ("Husmanshus"), Haubarg ("Barghus") und Gulfhaus ostfriesischer Prägung auf engem Raum nebeneinander vorkommen. Nicht in territorialen oder ethnischen Zuordnungen, sondern in den verschiedenen Formen der Landwirtschaft in Marsch und Geest sowie individuellen Entscheidungen der Bauherren sieht Scheer die Ursachen für die Entstehung einer "grenzenlosen Hausformenlandschaft" in Westholstein.
  • Entgegen dem originellen Titel "Insulare Gerüstvarianten" führte der Vortrag von Ulrich Klages in das Kerngebiet der norddeutschen Tiefebene, wo er als Summe seiner intensiven Gefügeuntersuchungen zum niederdeutschen Hallenhaus die Verbreitung der wichtigsten Gerüstformen gegeneinander abgrenzte: Neben der nur im Westen und punktuell in der nördlichen Altmark anzutreffenden Ankerbalkenzimmerung bestimmen große geschlossene Verbreitungsräume der Zimmerung mit Rähmverschlitzung beiderseits von Unter- und Mittelweser und des "Heidetyps" mit kräftigem, über dem Flett durchlaufendem Rähm in der Lüneburger Heide das Bild der "Hallenhauslandschaft". Daneben sind aber auch tatsächlich "inselhafte" Vorkommen von besonderen Zimmerungsarten wie der "echten" Jochbalkenzimmerung im Flotwedel bei Celle anzutreffen. Noch längst nicht ausdiskutiert sind Alter und Genese dieser Zimmerungsformen und auch die Suche nach dem "Ur-Flett" wird die norddeutschen Hausforscher wohl noch länger beschäftigen.
  • Christian Schade stellte mehrere im Raum Göttingen und im südlichen Eichsfeld neu entdeckte Firstständerbauten mit Rofendach aus dem 16. Jahrhundert vor - eine besonders altertümlich wirkende Gerüstform des mitteldeutschen Hauses, vergleichbar den bekannten Vorkommen etwa in Südwestdeutschland. 
  • Stieß schon dieser Vortrag bereits auf großes Interesse, so konnte sich Frank Höggder gespannten Aufmerksamkeit des Auditoriums sicher sein, als er mittelalterliche Fachwerkbauten aus den Harzstädten Quedlinburg und Stolberg vorstellte: Neben einem frühen, 1288/89 dendrodatierten Ständerbau aus Quedlinburg zeigte er eine stattliche Reihe von Bauten des 15. Jahrhunderts mit straßenseitig vorkragenden Obergeschossen und geschossweise mit Zapfenschloss verzimmerten Rückfronten. In mehreren Häusern fand er hölzerne Bohlenstuben, wie sie bisher nur aus süd- und mitteldeutschen Städten bekannt waren.
  • Anhand einer Vielzahl von ausgewerteten Baurechnungen konnte Bernd Adam eindrucksvoll die "Grenzen der Materialbeschaffung" im hannoverschen Bauwesen des 18. Jahrhunderts aufzeigen – so war es durchaus nicht ungewöhnlich, wenn für größere Bauvorhaben Kalk, Werksteine oder Dachziegel auf dem Land- und Wasserweg über hunderte von Kilometern herangeschafft oder in Einzelfällen sogar fertig verzimmerte Hausgerüste transportiert werden mussten.
  • Den langen Vortragstag beschloss Josef Georg Pollmann mit einem Beitrag über den 1708 erbauten Speicher des Fresenhofes in Titmaringhausen im Sauerland, einen besonders stattlichen Fachwerkbau an der Grenze zum Waldecker Land. Die eigenwilligen, noch von der Spätrenaissance geprägten Zierformen dieses Gebäudes mit an Drachen und Delphine erinnernden Fabelwesen gaben Anlass zu Vergleichen und Deutungsversuchen.

Die Exkursion 
vom Sonntag (23. März), mit großer Sach- und Regionalkenntnis vorbereitet von Gunnhild Ruben und Stefan Haar, bot einen umfassenden Einblick in die ländliche Hauslandschaft um Braunschweig und Wolfenbüttel; dabei wurde vom dörflichen Handwerkerhaus bis zum repräsentativen Amtssitz ein breites soziales Spektrum abgedeckt.

Neben einem niederdeutschen Hallenhaus in Bortfeld (Lk. Peine), das am Giebel 1726 datiert war, dessen Innengerüst aber mit Jochbalkenzimmerung, Eselsrücken-Türstürzen und Taubandknaggen an den Luchtriegeln des Fletts eine Datierung ins späte 16. Jahrhundert nahelegte, wurden auch zwei historistische "Rübenburgen" von 1896 bzw. 1905 in Reppner (Stadt Salzgitter) besichtigt, die den radikalen Wandel des ländlichen Bauwesens unter dem Einfluss des intensiven Zuckerrübenbaus seit dem späten 19. Jahrhundert vor Augen führten. 
Den repräsentativen Wohn- und Lebensstil örtlicher Herrschaftsträger dokumentierten ein eindrucksvoller, 1663 als Wohnhaus eines Amtmanns erbauter Fachwerkbau in Gebhardshagen (Stadt Salzgitter) und ein Amtshauskomplex in Langelsheim (Lk. Goslar), dessen Stein- und Fachwerkbauteile intensive Diskussionen um Bauabfolge und Datierung provozierten. 
Schwerpunkt der Exkursion waren aber mehrere von Architekt Stefan Haar sorgfältig restaurierte mitteldeutsche Häuser mit Queraufschluss und Ost-West-Ausrichtung. Sein eigenes Haus, ein ehemaliger Krug von 1651 in Groß Stöckheim vor den Toren von Wolfenbüttel, zeigt eine reich verzierte, zweistöckige Stubenzone, während in dem kleineren, 1653 erbauten Haus eines Dorfschmieds in Upen (Lk. Goslar) die wiederhergestellte hohe Diele (ohne Einfahrtstor!) beeindruckte. 
Weitere vorbildlich restaurierte Streckhöfe wurden in Immendorf (Stadt Salzgitter, von 1707) und Gielde (Lk. Wolfenbüttel, von 1692/1746) besichtigt. 
Den Abschluss bildete ein nicht mehr zu rettender Bau des späten 18. Jh. in Werlaburgdorf (Lk. Wolfenbüttel), dessen bereits begonnener Abbruch (mit Bergung des Materials zur späteren Wiederverwendung) zu lebhaften Diskussionen Anlass gab.

Heinrich Stiewe, IGB Blomberg-Wellentrup

Das Wohnwirschaftsgebäude in Großstöckheim ist ein Streckhof wie er in der Region besonders typisch ist. Diese Höfe stammen häufig bereits aus dem 17.Jh. und sind in relativ kurzen Zeitabständen, wie bereits beschrieben, in ihrer Längsausrichtung „gestreckt”= verlängert worden. Dabei ist häufig eine Verlängerung in beide Richtungen Erweiterung sowohl des Wohnteils als auch des Wirtschaftsteiles zu beobachten. Der Bau von 1651 ist der Kernbau des Hauses, dessen Südseite vermutlich kürzeste Zeit später durch den repräsentativen Erker (dendrotechnisch auf +/-5 Jahre) geschmückt wurde… 
… Der Erker hat in zwei Brüstungsfeldern starke Eichenbohlen mit Ornamenten, deren Deutung noch offen ist und die mit zeitgleicher Omamentik an Fachwerkbauten in der Stadt Wolfenbüttel zu vergleichen ist. Der Wohnbereich des Kernbaus wurde im Jahre 1855 um fünf Achsen mit tieferem Dachfirst in östliche Richtung verlängert. Der Wirtschaftsteil erhielt ab 1651(+/-5) vier nachvollziehbare Ergänzungen, von denen erst die letzte eine Einstellmöglichkeit für Erntewagen erhielt. Der letzte Bauabschnitt ist die seitlich an den Hauptbau des Streckhofes angefügte Unterfahrt am Westgiebel. 
Das südlichste Zweiständer-Hallenhaus in Katzhagen im Braunschweiger Land in musealer Nutzung. Traditioneller Zweiständerbau in Ost-Westausrichtung mit vorgeschobener Stube nach Süden (in „Baudenkmälern des Kreises Braunschweig” von P.J. Meier 1904 als Besonderheit bemerkt). Ankerverbindungen mit Zapfenschloß, naturwüchsige Krummstreben, Verbohlung des Halbwalmgiebels …
… Datiert 1726, wahrscheinlich älter, worauf traditionelle Elemente des Gerüstes hinweisen: geschweifte Knaggen des Luchtbalkens mit Seilornament, ebenso als Knaggen des vorstehenden Rethdaches, Eselsrücken der Innentüren …
… Dielenbesichtigung …
Der Wohngiebel.
„Rübenburg” des Historismus als roter Backsteinbau mit Sandsteinfassungen von etwa 1890 (hist. Foto). Reiche Fassadengestaltung mit Eckturm. Repräsentativer Eingang in die „Belle Etage” und Wirtschaftszugang zum Hof, Straßenseitiger Erker bzw. Wintergarten, originalgetreu nach Befund restauriert, Fachwergiebel. Zeitgleiche großzügige Wirtschaftsgebäude auf dem straßenabgewandten Hof …
… aufwendiges ornamentales Sichtmauerwerk an den Nebengbäuden. 
„Rübenburg” von 1905 mit ausgeprägten Stilelementen des Jugendstils …  
… Roter Backsteinbau mit originalem repräsentativen Treppenaufgang in die „Belle Etage” als Wohnetage … 
Farbige Fenster der Eingangsdiele (Foto rechts), ornamentierte große Wirtschaftsgebäude etwa der gleichen Bauzeit mit reichen Backsteinziersetzungen.
Das sogenannte „Lattemannsche Haus” in GEBHARDSHAGEN wurde im Jahre 1663 erbaut. Es gehört zu den größten und bemerkenswertesten Bauten der Region. 
Die zehn Gefache des Obergeschosses sind zwischen Schwelle und Brustriegel mit kunstvoll ornamentierten eichenen Füllbohlen ausgefüllt. Die Fensteranordnung läßt erkennen, daß die linke Haushälfte drei, die rechte jedoch zwei Stockwerke hat. 

Inschrift, Wappen und Jahreszahl auf der Bohlenfüllung
kurze Exkursionspause in der Sonne
Saniertes Wohnwirtschaftsgebäude in IMMENDORF in der typisch „thüringischen” Bauweise, 1707. Zweigeschossig, integrierte Wirtschaftsdiele ohne Zufahrt, von der Hofseite quer erschlossen …
…  Die vollständige Sanierung unter möglichster Erhaltung der alten Substanz hat das Haus weitgehend auf den Ursprungszustand zurückgeführt …
…  rekonstruierter Giebelpfahl … 
… und Blick auf die Konstruktion unterm Dach… 
… im Haus ist es dann oft spannender als außen

Die ehemalige Dorfschmiede UPEN wurde als Zweigeschossiges Hauptgebäude 1653 in Fachwerk als Ständerbau errichtet. Bis Mitte des 20 Jh., war die Schmiede im Haupthaus, seit etwa 1900 in einem kleinen Schmiedehaus…

… Die Sanierung mit weitestmöglicher Rekonstruktion der ursprünglichen Raumordnung ist fast abgeschlossen. Die moderne Stahlkonstruktion der Galerie in der zweigeschossigen Eingangsdiele war Anlaß zu interessanten Diskussionen der Exkursionsteilnehmer. 
altes Hofpflaster mit Muster
LANGELSHEIM (Landkreis Goslar). Die beiden hochaufragenden Gebäude, die schon im 16. Jh. in der heutigen Form bestanden, wurden für Amtsräume, herrschaftliche Wohnungen, aber auch zur Lagerung von Zehntgetreide und anderen herrschaftlichen Abgaben genutzt, wie es aus dem heutigen Bestand noch immer ersichtlich ist. Beide Gebäude, in hervorragender Bauqualität, geben für ihre Erbauungszeit Rätsel auf. Trotz verschiedener Datierungen in das 16.Jh. an beiden Häusern, ist für das nördliche „Zehntgebäude” – durch welches über Jahrhunderte die wirtschaftliche Versorgung des Harzbergbaus mit Nahrung sichergestellt wurde – ein wesentlich höheres Alter wahrscheinlich. 
Besonders das Vorhandensein zweier, übereinanderliegender großer Räume je mit vier pfeilergestützten Kreuzgratgewölben läßt eine Datierung in das 12./13.Jh. zu. Auch der offenbar jüngere Bau mit Fachwerkobergeschoß aus dem 16 Jh (?) läßt für die burgartigen Untergeschoßmauern mit uneinheitlichen Fenstereinfassungen ein höheres Alter vermuten. 
Der aufgrund ehemaliger Besitzer Fischerhof genannte Streckhof in GIELDE ist 1684 (d) errichtet worden. Der typische Streckhof in Ost-Westrichtung wurde mehrfach in beide Längsrichtungen verlängert und auch wieder verkürzt. Die vollständige Sanierung in den 80-er Jahren durch die derzeitigen Besitzer eröffneten, außer vielen Erkenntnissen zum Aufbau des Hauses, auch Fragen, die von dem Hausforscher Eitzen nicht erkannt worden waren.
Der Umbau des Wohnteils unter tieferem First erfolgte 1796 …
… Aborterker
Zur Zeit wird das ehemalige Hofgebäude des „Stenhof” in WERLABURGDORF (bereits 1345 und 1391 aus dem Reichsgut der Pfalz Werla urkundlich erwähnt) nach langen Versuchen es im Ort zu erhalten zur Wiederverwendung abgetragen …
… Es handelt, sich um das Wohnwirtschaftsgebäude vom Ende des 18. Jh., was auch durch die Verwendung der Doppelständer (seit dieser Zeit weit verbreitet) abzulesen ist. Traditionelle Bauweise in Ost-West-Ausrichtung. Mit Wirtschftdiele und zweigeschossigem Wirtschaftsteil.

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