12. September 2016

Ein weiterer Ausflug in die Bresse und Rückreise

"Ferme de la Forêt" - ein Museumsbauernhof bei Courtes in der Bresse
Wir haben unsere kleine Frankreich-Reise kurzfristig um einen Tag verlängert, um die gut 1.000-km-Rückreise nicht an einem Tag bewältigen zu müssen. So haben wir Zeit gewonnen für einen weiteren Ausflug in die Bresse östlich von Mâcon, wo wir das Bauernhausmuseum "Ferme de la Forêt" bei Courtes besuchen.
Das Museum ist zunächst noch geschlossen - doch dann erscheint eine nette Museumsmitarbeiterin und schließt uns auf - es lohnt sich! Wir erleben ein weiteres typisches Bauernhaus der Bresse, einen Fachwerkbau, der angeblich aus dem 17. Jahrhundert stammt. Der mächtige, niedrige Querunterzug im zentralen Herdraum des Hauses ist dendrochronologisch auf das Fälljahr 1581 datiert - das dürfte auch das Baujahr des ursprünglichen Hauses sein. Außerdem gehören eine langgestreckte Scheune mit ehemaligen Kuh- und Pferdeställen sowie ein weiteres Nebengebäude (Backhaus, Geflügelstall) zu der in-situ-Hofanlage.
Scheune (links) und Wohnhaus (rechts). Typisch für das Fachwerk der Bresse sind kurze Schrägstreben zwischen den Riegeln, die senkrechte Zickzacklinien im Fachwerk bilden.
Eine geknickte "Riegel-Riegel-Strebe" im Detail. Die Gefache sind mit Lehmflechtwerk gefüllt.

Erhard und Haio im Gespräch mit der netten Museumsmitarbeiterin (sie spricht auch Englisch...).
Steinerner Ziehbrunnen im Hof hinter dem Wohnhaus. Auf dem Dach ist ein "sarazenischer Kamin", ein reich verzierter Schornsteinkopf aus Backsteinmauerwerk, zu erkennen. Diese Schornsteinköpfe sind ein Kennzeichen der älteren Bauernhäuser der Bresse, es gibt noch 34 von ihnen. Die Bezeichung "sarazenisch" entsprang der Phantasie eines Ethnographen im 19. Jahrhundert.

Der dicke Balkenkopf auf dem Ständer neben der Tür zum Herdraum gehört zu dem mächtigen Unterzug im Herdraum, auf dem der Rauchfang mit dem "sarazenischen" Kamin ruht.
Dieser Unterzug hat eine Stärke von 60 x 63 cm bei einer Länge von 10 m - und ist 1581 (d) datiert. Darunter steht der Esstisch, dahinter befindet sich die offene Bodenfeuerstelle unter dem großen Rauchfang.
Kräftige Kopfbänder stützen den Herdunterzug, darüber ein zweites Kopfband für einen weiteren Querbalken des Obergeschosses.
Im Dachgeschoss ist der pyramidenförmige Rauchfang aus Fachwerk und Lehm zu sehen, der auf dem Küchenunterzug und einer Querwand errichtet ist. Er wird von dem "sarazenischen" Schornstein bekrönt.
In dem großen Herdraum wurde auch geschlafen - hier das Himmelbett des Bauernehepaares mit einer Kinderwiege, die zwischen den Pfosten des Fußendes beweglich aufgehängt ist.
Weitere signifikante Merkmale dieser "ferme bressane" sind die Obergeschosslauben mit Kreuzstreben in den Brüstungen...
... und das nach allen Seiten sehr weit überstehende, flach geneigte Dach.
Innenansicht des Walmdaches über dem Wohnhaus.
Blick aus einer Dachbodenluke des Wohnhauses auf den Giebel der Scheune. Die Gefache der Schauseiten sind zum Teil mit Backsteinen ausgemauert.
Teilansicht der Scheune mit Eingängen zu den früheren Kuh- und Pferdeställen,
Blick ins Dachwerk der Scheune: Ein flach geneigtes Pfettendach, wie wir es in Burgund schon häufiger gesehen haben.
Auf dem Markt im benachbarten Städtchen Saint-Trivier-de-Courtes kaufen wir leckeren regionalen Käse - für unser anschließendes Mittags-Picknick (oder wie es in Frankreich heißt: Pique-Nicque).
Hinter der Backsteinfassade des Rathauses...
...verbirgt sich ein ehemaliger städtischer Kornspeicher (für Weizen), dessen Balkenlage von zwei schweren Längsunterzügen auf je 4 kräftigen Ständern mit Kopfbändern und Sattelhölzern getragen wird.
In der Stadt gibt es ein sehr gut gestaltetes Besucher-Informationssystem mit ausgefrästen Fröschen als "Maskottchen", das uns hilft, die Sehenswürdigkeiten zu finden. Nachahmenswert!
Vor der Stadtmauer von Saint-Trivier-de-Courtes steht die "Caronnière", eine große offene Halle mit Zweiständer-Innengerüst und Pfettendach, die wie eine Markthalle aussieht. Die "Caronniére" ist aber ein großer Arbeits- und Trockenschuppen einer früheren Ziegelei. 
Eckständer der "Caronnière"
An einem lauschigen Plätzchen hinter der Kirche von St-Trivier-de-Courtes genießen wir unser Mittagspicknick.
Auf der Rückfahrt entdecken wir im Dorf Romenay eine weitere "Ferme Bressane", die als Museum genutzt und erhalten wird. Natürlich halten wir an und besuchen das Bauernhausmuseum...
Hinter dem von der Straße unscheinbar wirkenden Gebäude verbirgt sich ein weitläufiger Vierseithof mit Wohnhaus, Scheune, Stallungen und offenen Remisen. Auch dieses Bauernhaus besitzt einen "sarazenischen" Kamin.
An einer Ecke des Vierseithofes stoßen Fachwerk- und Pisébau (Stampflehmbau) aneinander.
Eine Ölmühle (Kollergang) mit Pferde-Göpelantrieb in der Scheune
Sandstein-Ziehbrunnen mit Pumpe im Hof.
Schweren Herzens müssen wir dieses sehenswerte Museum und die Landschaft der Bresse verlassen, um unsere Rückreise in Richtung Metz anzutreten. Knapp 400 km sind noch zu fahren, bis wir abends unser Hotel am Stadtrand von Metz erreichen. Morgen werden wir nach einem kurzen Altstadtrundgang in Metz unsere Heimfahrt über Trier und Köln in Richtung Westfalen fortsetzen.

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Fotos: Bernd Kunze; Texte: Heinrich Stiewe


1 Kommentar:

  1. Beeindruckende Bilder! Die Wiege am Himmelbett ist doch super! Ist das nicht eine Weltidee? Das könnte man heute sicher auch gut verkaufen!

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