28. Mai 2018

"Brückentag": Von Winterthur durch das Appenzeller Land nach Chur

Die Mettlenbrücke in Appenzell wurde 1766/67 von Hans Ulrich Grubenmann erbaut und bis heute mehrfach restauriert. Sie ist eine der wenigen erhaltenen Brücken dieses berühmten Baumeisters.
Heute ist "Brückentag" - mit Heinz Pantli besuchen wir das Grubenmann-Museum in Teufen, das an die gleichnamige Brückenbaumeister-Familie und deren phantastische Holzkonstruktionen erinnert, und mehrere erhaltene Holzbrücken im Appenzeller Land. Wir beginnen unsere heutige Exkursion in dem Städtchen Wil, wo wir den "Hof zu Wil", eine frühere Burg der Äbte von St. Gallen, gründlich besichtigen. Den Abschluss des Tages bildet das Burgstädtchen Werdenberg im Kanton St. Gallen, ein eindrucksvolles Ensemble von mittelalterlichen Häusern in Fachwerk-, Ständerbohlen- und Blockbauweise. Unser Quartier verlegen wir von Winterthur, wo wir zwei Nächte verbracht haben, nach Chur in Graubünden.
Marktplatz in Wil. Das große Gebäude im Hintergrund ist der "Hof zu Wil", als Burg der Grafen von Toggenburg gegründet um 1200 und seit dem 13. Jahrhundert im Besitz der Äbte von St. Gallen. Seit dem 19. Jahrhundert diente das Gebäude als Brauerei und wurde schließlich in den letzten Jahren aufwendig restauriert und für verschiedene kulturelle Zwecke (Museum, Stadtbibliothek u.a.) nutzbar gemacht.
Blick in den früheren Turm der Burg (Hof zu Wil). Nach der Sanierung sind vielfältige Bauspuren vom 13. bis zum 20. Jahrhundert an den Wänden ablesbar; die Burganlage wird durch ein modernes Treppenhaus und einen Fahrstuhl barrierefrei erschlossen.
Das eindrucksvolle Dachwerk des Hofes in Wil – dendrodatiert 1480-82. Damals entstand der riesige heutige Bau und erhielt ein großes Vollwalmdach.
Sprengwerkartige Querbinder und angeblattete Streben im Dachwerk von 1480-82
Wir diskutieren mit Heinz Pantli (vorn rechts) über das Dachwerk und Methoden und Ergebnisse der Dendrochronologie.
Museumscafeteria im Erdgeschoss des Hofes zu Wil. Steinerne Säulen stützen die Balkendecke.
In den Obergeschossen ist die Sanierung mit Ausbau zum Museum noch nicht abgeschlossen. Jüngere Querwände wurden entfernt, ältere Konstruktionen werden wieder sichtbar.
Nach der Besichtigung der Burg machen wir einen kurzen Rundgang durch die Altstadt von Wil: Arkadenhäuser am Marktplatz
Fast wie in Bern - Arkadengänge am Marktplatz.
Ein Fachwerkbau mit angeblatteten Streben aus dem späten 15. Jahrhundert
Auch in Wil gibt es Fassadenmalereien, nicht ganz so spektakulär wie in Stein am Rhein: Das Haus "Zur Falkenburg"
Blick von der Burg auf die Hauptstraße.... 
... und die Dachlandschaft der Altstadt von Wil.
Von Wil fahren wir weiter nach Teufen im Kanton Appenzell. Hier besuchen wir das "Museum Grubenmann" im früheren Zeughaus. Die Familie Grubenmann, ursprünglich Gastwirte in Teufen, brachte seit dem 18. Jahrhundert mehrere Zimmerleute und Brückenbaumeister von europäischer Bedeutung hervor.
Das Zeughaus in Teufen ist ein klassizistischer Bau von 1853-56. Das Gebäude beherbergt seit 2012 das Grubenmann-Museum mit Dokumenten, Bauplänen und Modellen der Brückenbaumeisterfamilie Grubenmann.
Originaler Türdrücker am Eingang des Zeughauses
Wir dürfen das Museum exklusiv besichtigen - am Montag, an dem es eigentlich geschlossen ist. Im Dachwerk des Zeughauses werden Modelle von Brücken und Dachwerken sowie Pläne und Dokumente zur Familie Grubenmann präsentiert - wir Hausforscher sind begeistert.
Erhard fotografiert ein Modell der Rheinbrücke in Schaffhausen. Sie wurde als 120 m lange Holzbrücke mit einem Zwischenpfeiler erbaut - eine kühne Holzkonstruktion von Hans Ulrich Grubenmann (1709-1783), die 1758 fertiggestellt war und schon 1799 von französischen Soldaten zerstört wurde.
Detail des Modells der Brücke bei Wettingen, erbaut 1766 von Hans Ulrich Grubenmann (zerstört 1799). Das Tragwerk besteht aus einer bogenförmigen Konstruktion aus sägezahnförmig miteinander verbundenen Balken, die Spannweite betrug 61 Meter.

Modell der Rheinbrücke in Schaffhausen (1758). Die kühne Holzkonstruktion von Hans Ulrich Grubenmann ist eine herausragende Ingenieurleistung - sie wirkt elegant und ungewöhnlich modern.
Modell der Rheinbrücke in Schaffhausen im Grubenmann-Museum.
Blick in das Modell einer anderen Grubenmann-Brücke

Historisches Zimmermannswerkzeug im Grubenmann-Museum
Anschließend besuchen wir mit Heinz Pantli mehrere erhaltene Holzbrücken im Appenzeller Land.

Die erste Brücke, die wir besuchen, ist eine kleine Holzbrücke über den Zungbach bei Lank im Kanton Appenzell. Das Bauwerk stammt aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Die Holzkonstruktion der kleinen Brücke ist beeindruckend.
Es ist Mittagszeit - wir machen ein Picknick auf der Brücke....
...und ein obligatorisches "Familienfoto" der Hausforscher.
In der Nähe der Zungbachbrücke steht dieses Appenzeller Bauernhaus aus dem 16. Jahrhundert.
Die zweite Holzbrücke in dem Weiler Lank führt über das Flüsschen Sitter und wurde wohl im frühen 19. Jahrhundert erbaut.
Auch diese Brücke ist eine aufwendige, ingenieurmäßige Holzkonstruktion. Das Haupttragwerk besteht aus zwei großen Sprengwerken neben der Fahrbahn.
Die Brücke kann bis heute von Kraftfahrzeugen bis 3,5 Tonnen befahren werden - auch von unserem "Hausforscher-Bus".
Typische Kulturlandschaft mit Bauernhöfen, überwiegend kleinen Weilern und Einzelhöfen, im Appenzeller Land.
Appenzeller Bauernhaus in Lank.
Eine Kapelle vor der Gebirgskulisse
Eine dritte Holzbrücke entdecken wir am Ortsrand von Appenzell: Die Mettlenbrücke wurde 1766 von Hans Ulrich Grubenmann erbaut und wurde seitdem mehrfach restauriert. Sie ist eine der wenigen erhaltenen Brücken dieses bedeutenden Baumeisters.
Auch diese Brückenkonstruktion besteht aus seitlichen Sprengwerken und Querbindern mit angeblatteten Kopfbändern.
In Liesighaus, heute ein Ortsteil von Wildhaus (Kanton St. Gallen).... 

...besuchen wir das Geburtshaus des Schweizer Reformators Huldrych Zwingli (1484-1531)

Das Gebäude ist ein altertümlich wirkender Blockbau, der aber mancherlei Fragen aufwirft: Stammt er wirklich aus dem 15. Jahrhundert - oder erst aus der Zeit um 1500? Es gibt bis heute keine Dendro-Datierung. Welche baulichen Veränderungen erlebte das Gebäude seit der Zeit Zwinglis, was ist noch original? Eine gründliche bauhistorische Untersuchung mit dendrochronologischer Datierung könnte hier zur Klärung beitragen.
Gebirgslandschaft bei Wildhaus
Wir fahren weiter durch die eindrucksvolle Hochgebirgslandschaft im Kanton Appenzell....
Ein typisches Stallgebäude einer Alm aus der Mitte des 20. Jahrhunderts. An dem Gebäude hängen mehrere Kuhglocken.
Haio nutzt einen Zwischenstopp im Gebirge zum Botanisieren - hier hat er ein blühendes Knabenkraut entdeckt
Schließlich überqueren wir die Schwägalp-Passhöhe....
...in 1.300 Metern Höhe.

Letzter Besichtigungsort des Tages ist das Städtchen Werdenberg im Kanton St. Gallen. Unterhalb einer Burg der Grafen von Montfort-Werdenberg liegt der kleine Ort mit einem einmaligen Ensemble aus spätmittelalterlichen Holzbauten. Neben Fachwerkhäusern finden sich Ständerbohlen- und Blockbauten, oft werden diese Bauweisen an einem Gebäude kombiniert. Mehrere Häuser entstanden laut Dendrodaten um oder kurz nach 1378 und es gibt Hinweise auf einen Großbrand in den 1370er Jahren, der mehrere Häuser oder größere Teile der Stadt zerstört hat. Weitere Baudaten weisen ins 15. und frühe 16. Jahrhundert.

Ständerbohlenbau mit Erdgeschosslaube, älteste Teile von 1378 (d)


Außenansicht von Werdenberg. Die Häuser sind auf oder an die frühere Stadtmauer gebaut.







Abschluss eines langen Exkursionstages am Teich in Werdenberg. Von hier fahren wir eine halbe Stunde zu unserem neuen Quartier, dem Hotel Stern in Chur (Graubünden)
Fotos: Bernd Kunze; Texte: Heinrich Stiewe



zum Tag 4   –––>

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