25. Mai 2013

Ein Schloss und ein Zimmerei-Workshop

Das Ziel der Reise: Gaillon, das etwa 40 km südlich von Rouen in der Normandie gelegene Städtchen. Das dortige Château war Treffpunkt von 50 Zimmerleuten aus der ganzen Welt. Mit einem vom 25. Mai bis 2. Juni 2013 stattfindenden Workshop hatten sich die Teilnehmer die Aufgabe gesetzt, einen Bereich des Dachwerks wieder instand zu setzen.
Das Schloss gilt als eines der ersten Bauten im Renaissancestil in Frankreich. Begonnen 1502 und fertiggestellt 1508. Bauherr war Georges d'Amboise, Bischof von Rouen und Premierminister unter Louis XII. Das Bauvorhaben galt zu seiner Zeit als das ambitionierteste und repräsentativste Projekt in Frankreich. Doch wenig ist von der Pracht übrig geblieben. 1764 zerstörte ein Feuer weite Teile des Schlosses. Zwar wurde alles wieder hergerichtet, doch 1790 während der französischen Revolution schon wieder verwüstet. Anschließender Vandalismus und der Verkauf an einen Landwirt 1834 fügten den Gebäuden weitere Schäden zu. Heute versucht die Direction Régionale des Affaires Culturelles de Haute-Normandie abschnittsweise die Baulichkeiten wieder herzustellen. Der Zimmerei-Workshop wird einen kleinen Teil dazu beitragen. Dabei wird man bemüht sein, nur Handwerkstechniken einzusetzen, die noch bis vor 100 Jahren das Geschehen auf einer Baustelle prägten. Ohne jegliche moderne Hilfsmittel und ohne jeden Maschineneinsatz.

Das von Ferne bereits sichtbare Torhaus kann schon wieder Besucher empfangen.  
Die große Hoffläche des Schlosses ist als Zimmerplatz für die nächsten 10 Tage hergerichtet. Die zur Reparatur benötigen Bäume wurden bereits am 12.12.2012 in einem Waldstück in der Nähe von Gaillon geschlagen und mit Pferd und Wagen zum Zimmerplatz gefahren.
Sichtbar und konsequent im Sinne des Workshops auch die Technik des Fällens der benötigten Bäume. Vor der Erfindung der Kettensäge gehörten Axt und Zugsäge zur Ausrüstung der Holzfäller.

An der Nordostflanke des weitläufigen Schlosskomplexes steht der Turm, dessen Dachwerk nur mit traditionellen Handwerkstechniken und historischen Werkzeugen wieder instand gesetzt werden soll. 
Zur Vorbereitung und Kontrolle ist mittels Schnurgerüst die Geometrie des Turmdachwerks übertragen worden. 
Der Blick vom Schlossplatz über Gaillon. Im Hintergrund das Seinetal. Noch heute prägen mittelalterliche Bauten die Kleinstadt.  

Das prächtige Haus steht kurz vor der dringenden Sanierung. Im Rahmen des Workshops sind hier die Bestandserfassung mittels Laserscan durch die norwegischen Mitglieder und eine dendrochronologische Altersbestimmung geplant. Die Ergebnisse werden sukzessive veröffentlicht unter www.pressler.com.de
Neben einer aufwändig profilierten Vorkragung zieren Schreckgesichter unterschiedlichster Ausprägung die Fassade.

In Ry bei Oscar: Abendessen nach den ersten Eindrücken des Tages.
Normannische Atmosphäre mit Kaminfeuer und Mutter-/Kindsbalkendecke.


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